Monheim Köster besucht gern historische Plätze

Monheim · Der pensionierte Lehrer Rainer Köster (64) tritt bei der Bundestagswahl als Direktbewerber der Linkspartei an.

 Rainer Köster setzt sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinander und findet "Stolpersteine" wichtig.

Rainer Köster setzt sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinander und findet "Stolpersteine" wichtig.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Als Velberter wohnt Rainer Köster (64) außerhalb des Wahlkreises 104, in dem er am 22. September als Direktkandidat der Linkspartei antreten wird. Auf die Frage nach einem Lieblingsplatz in Monheim muss der seit zwei Jahren pensionierte Lehrer dennoch nicht überlegen. "Treffen wir uns doch vor der Kirche St. Gereon", schlägt er der RP vor. "Dort erinnert ein Stolperstein an den ehemaligen Monheimer Pfarrer Franz Boehm, der Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime geleistet hatte und im Konzentrationslager Dachau starb." Nein, er selber sei "kein religiöser Mensch", bekennt Köster, als er am vereinbarten Treffpunkt in der Franz-Boehm-Straße erscheint. "Aber ich habe hohen Respekt vor jemandem wie diesem ehemaligen Pfarrer, der bis zuletzt seiner Überzeugung treu geblieben ist."

Der Kreistagsabgeordnete Köster beschäftigt sich nach eigenen Angaben seit 35 Jahren mit der NS-Zeit im Kreis Mettmann. Der gebürtige Velberter hat hierüber viele Vorträge gehalten, mehrere Rundfahrten zum Anti-Kriegs-Tag organisiert und über seine Erkenntnisse zu den Städten Erkrath, Mettmann und Velbert-Langenberg drei Bücher geschrieben. "Weitere sind in Vorbereitung." Zudem engagiere er sich im Mettmanner Bündnis für Toleranz und Zivilcourage. "Dieses Bündnis wendet sich gegen Rassismus und Neonazis und setzt sich für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen ein." Köster sieht sich immer wieder Anfeindungen ausgesetzt. Nach der Veröffentlichung seines Buchs "Mettmann unterm Hakenkreuz" sei er im Internet verleumdet worden. "Ich habe sogar Morddrohungen erhalten."

Köster ist verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn. Warum er 2007 der Linkspartei beitrat? "Ich bin seit 48 Jahren aktiver Gewerkschafter", antwortet der bärtige Brillenträger, "und diese Partei kommt meiner Auffassung von sozialer Gerechtigkeit am nächsten. Als Lehrer war es mir immer wichtig und ist es auch weiterhin, dass junge Menschen die Chance auf eine vernünftige berufliche Existenz bekommen." Bis 1988 war Köster 20 Jahre lang Mitglied der kommunistischen DKP gewesen, die engste Verbindungen zur DDR-Staatspartei SED gepflegt hatte. "Als ich erkannte, dass das Modell des Sozialismus in der DDR gescheitert war, bin ich aus der DKP ausgetreten."

Und warum sollte jemand im südlichen Kreisgebiet bei der Bundestagswahl seine Stimmen der Linkspartei geben? Weil sich viele der in Berlin getroffenen Entscheidungen ganz konkret vor Ort auswirkten, argumentiert der 64-Jährige. "Die Schließung des Monheimer Krankenhauses ist auch eine Folge verfehlter Gesundheitspolitik. Und bei der unverschämten Strompreiserhöhung in Hilden zeigt sich, dass die Macht der Energiemultis unbedingt begrenzt werden muss." Da Köster nicht über einen Listenplatz abgesichert ist, hat er keine Chance auf ein Bundestagsmandat. Gleichwohl wolle er als Direktbewerber Wählern eine Alternative aufzeigen. "Wer sein Kreuz nicht bei der CDU macht, ist ja nicht automatisch für die SPD."

Obwohl er nicht im Wahlkreis 104 wohnt, fühlt sich Köster nach eigenen Worten "durchaus berufen", dort zu kandidieren. "Schließlich habe ich in meinem Lebenslauf vielfältige Beziehungen dorthin. Ich habe jeweils zehn Jahre in Hochdahl und Mettmann gelebt, war Sprecher am Hildener Lehrerseminar und meine erste Stelle war in Haan an der ehemaligen Gemeinschaftshauptschule Diekerstraße." Weitere Stationen waren in Mettmann die GHS Gruitener Straße sowie seit 1987 bis zur Pensionierung vor zwei Jahren die Gesamtschule Velbert. "In Mettmann war ich auch lange ehrenamtlicher DGB-Vorsitzender."

Als Köster mit der RP von der Franz-Boehm-Straße aus ein Stück durch die Altstadt bummelt, hält er kurz inne und blickt suchend um sich. "Warum gibt es hier eigentlich keine nichtkommerziellen Sitzgelegenheiten? Wer hier nicht etwas verzehren möchte, findet für eine Ruhepause keine Bank. Da müssen die Monheimer Stadtverantwortlichen 'mal was dagegen tun."

(RP)
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