Monheim Kinder, Frauen und Alte litten Hunger

Monheim · Eine Ausstellung in der Opladener Villa Römer erzählt die Geschichten von der "Heimatfront" im Ersten Weltkrieg.

 Fotos von verwundeten Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg sind in der Opladener Villa Römer ab Sonntag in einer Ausstellung zu sehen.

Fotos von verwundeten Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg sind in der Opladener Villa Römer ab Sonntag in einer Ausstellung zu sehen.

Foto: Flyer

Die Dicke Berta war legendär. Ein todbringendes Geschoss mit 42 Zentimetern Durchmesser. Die Kriegsstimmung während des Ersten Weltkriegs trug an der "Heimatfront" manchmal seltsame Blüten: So gab es eine Christbaumkugel in Form einer Dicken Berta. Zu sehen ist sie nun mit Hunderten anderen Exponaten zum Ersten Weltkrieg in einer neuen Ausstellung in der Villa Römer.

"Heimatfront im Ersten Weltkrieg" heißt die Schau, die die Geschichtsvereine sowie die Archive der Städte Leverkusen, Langenfeld, Leichlingen und Monheim zusammengestellt haben. In diesem Jahr jährt sich der Beginn des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal, was viele Städte zum Anlass nehmen, an diesen ersten totalen Krieg zu erinnern. Der Erste Weltkrieg in Deutschland steht etwas im Schatten des Zweiten Weltkriegs, der viel mehr Zerstörung über deutsches Gebiet brachte. Deshalb wollen die Geschichtsvereine nun an diesen Krieg und vor allem an die "Heimatfront" und die Kriegserlebnisse an der Niederwupper erinnern.

Denn die Familien dort litten nicht nur darunter, dass die Männer und Söhne in den Krieg zogen und in den Schützengräben litten oder starben, sondern auch unter den Einschränkungen des täglichen Lebens. Der Hunger wuchs, je länger der Krieg dauerte. K-Brot und Kartoffelkrieg sind Begriffe, die aus dieser Zeit stammen, die vielen nichts mehr sagen. "Das allgemeine Bewusstsein über den Ersten Weltkrieg ist kaum noch vorhanden", sagt Gabriele Pelzer von der Stadtgeschichtlichen Vereinigung. Deshalb wollten die Geschichtsvereine daran erinnern.

Das gelingt ihnen eindrücklich mit vielen Exponaten und Schriftstücken, bei denen es sich lohnt, genau hinzusehen und zu lesen, weil sie alle individuelle Geschichten erzählen. Aus einer Schulchronik aus Langenfeld erfährt man etwa, wie viel Metall und Gummi die Schüler gesammelt haben. Diese Materialien sollten die "Kriegsnot" mildern und wurden für die Kriegsproduktion benötigt. Die großen Nagelbilder stellen Raritäten dar. Für jeden Nagel gab es eine Spende für die Kriegshilfe, die zum Beispiel einsprang, wenn Soldaten verwundet und mittellos zurückkehrten.

Die Soldaten brachten allerlei Kriegsgut mit von der Front: Eine zur Blumenvase umfunktionierte Granathülse oder ein Aschenbecher aus einer Handgranate stammen ebenfalls aus Langenfeld. Ein Bilderrahmen aus Patronenhülsen rahmt das Foto eines Soldaten ein. Von 40 Leihgebern aus der Region stammen die Exponate.

Die Geschichtsvereine hatten vergangenes Jahr einen Aufruf gestartet. Viele meldeten sich, die noch Gegenstände aus dem Ersten Weltkrieg besitzen. "In den Familien ist noch Erinnerung vorhanden. Da hängen die Bilder der Soldaten an der Wand", sagt Günter Junkers vom Bergischen Geschichtsverein. Zahlreiche Exponate stammen von Dr. Hans-Jürgen Dorn, der die Ausstellung wissenschaftlich begleitet hat und auch im Rahmenprogramm zur Ausstellung einige Vorträge hält. Pickelhauben kann man sogar bei Ebay ersteigern, weiß er. Ansonsten stöbert er sehr viel in den Antiquariaten. Einführungstexte stimmen die Besucher der Ausstellung auf die fünf verschiedenen Themenbereiche ein.

Auch Kolonie-Museum und Bayer-Archiv haben Plakate und Fotos beigesteuert. Eine Aufnahme zeigt beispielsweise französische Kriegsgefangene, die im Bayer-Werk arbeiten mussten.

Schließlich war Bayer einer der größten Sprengstoffhersteller in Deutschland. Und Sprengstoff kam im Ersten Weltkrieg, bei dem zehn Millionen Menschen starben, reichlich zum Einsatz.

(RP)
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