Langenfeld/Monheim Kanalprüfer im Ungewissen

Langenfeld/Monheim · Erst wurde Tempo gemacht und nun sollen Hauseigentümer Empfehlungen zufolge auf die Dichtheitsprüfung ihrer Abwasseranlagen erst einmal verzichten. Die RP hörte sich bei Unternehmern und Hausbesitzern um.

Mal heiß es: "Kontrollen der Kanäle sind wichtiger Umweltschutz", dann spricht jemand von "Abzocke der Hauseigentümer" oder "sechsstelligen Fehlinvestitionen bei Unternehmern". Je nach Betroffenheit völlig unterschiedliche Kommentare vernahm die RP zur aktuellen Diskussion um den so genannten "Kanal-TÜV", die Dichtigkeitsprüfung privater Hausanschlüsse. Dabei gibt es noch eine Reihe offener Fragen.

Ins Erdreich statt zur Kläranlage

Hintergrund: Abwasserkanäle können im Laufe der Zeit undicht werden; verrottendes Material, Einbaufehler, Setzrisse oder einwachsenden Wurzeln lassen Schmutzwasser ins Erdreich statt zur Kläranlage fließen. Die Politik reagierte: SPD und Grüne schrieben vor fast 15 Jahren die Pflicht zur regelmäßigen Kanalprüfung in die Landesbauordnung. Die CDU/FDP-Regierung konkretisierte dieses Ziel 2007 im Landeswassergesetz (§ 61 a), und im März 2009 folgte vom (grünen) NRW-Umweltminister der jetzt verstärkt kritisierte Erlass, die Überprüfung aller häuslichen Abwasserleitungen bis Ende 2015 nachzuweisen.

Im Landtag wurde Ende Januar ein neuer Entwurf eingebracht, der die bisherigen Vorgaben erheblich lockert (siehe Info). "Noch gilt der Erlass von 2009", bestätigte Wolfgang Honskamp. Der Referatsleiter im Langenfelder Rathaus räumt ein, dass eine flächendeckende Überprüfung bis Ende 2015 kaum möglich gewesen wäre. "So viele Fachfirmen gibt es nicht!" Nach Schätzungen hat bisher erst jeder zehnte Eigentümer die Überprüfung hinter sich.

Eine Aufweichung der geltenden strengen Regelung befürchtet Bauingenieur Jürgen Thieltges. Seit 2009 steht der mittelständische Langenfelder Tiefbauunternehmer als "sachkundige Firma mit geschultem Personal und der notwendigen Ausrüstung" auf der zertifizierten Liste des Umweltministeriums. Der Träger des RAL-Gütezeichens "Kanal" hat in den Vorjahren rund 300 000 Euro in Technik und Schulung investiert und "oft an Stelle und im Auftrag der Kommunen Bürger anschaulich über Notwendigkeit und technische Details informiert". Ihm sei unverständlich, dass "ein paar Klientengruppen" Umwelt- und Grundwasserschutz erneut in Frage stellen, nach dem Motto "Fehler, die man nicht sieht, muss man nicht korrigieren".

Die Prüfung der Leitungen eines Einfamilienhauses mit Spülung und Kamerainspektion dauert rund zwei Stunden und kostet etwa 450 Euro. Oft findet Thieltges dabei auch Schäden in den alten Rohrleitungen. So führte beim Zweifamilienhaus von Jürgen und Margot Gottschalk die Behebung von zwei Defekten zu einer Gesamtrechnung von 3500 Euro. "Fast zeitgleich mit der Rechnung hörten wir, dass die Pflicht zur Kontrolle wieder entfällt", erzählte Margot Gottschalk. Sie ärgere sich zwar, tröste sich aber damit, "dass die neuen Mieter keine Baustelle mehr haben". Thieltges räumt ein, dass einige Kunden infolge der aktuellen Diskussion ihre Prüfaufträge storniert haben.

Die Kanalprüfer protestierten Ende Januar vor dem Landtag. Thieltges suchte den Kontakt zum örtlichen MdL Hans-Dieter Clauser. Der CDU Politiker begrüßte den Verzicht auf den generellen Zwang zur Kanalprüfung, doch hoffe er im Interesse der Unternehmer, die wie Thieltges erheblich investiert haben, auf die freiwillige Bereitschaft von Bürgern, mit der Kanaluntersuchung "einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten".

(mmo)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort