Langenfeld Kampf um jede Sekunde

Düsseldorf · Nach schweren Auto-Unfällen muss die Feuerwehr oft mit starkem Gerät ran, um die Wagen-Insassen zu befreien. Immer robustere Fahrgastzellen und Airbags erschweren den Rettungskräften dabei die Arbeit.

Bisher ist immer alles gut gegangen, wenn Heinz-Josef Brands Männer ein Unfall-Auto aufschneiden mussten. "Einer unserer ersten Schritte, um die Insassen zu befreien: Wir klemmen die Batterie ab", erklärt Langenfelds Feuerwehrchef. Grund für die Vorsichtsmaßnahme sind unter anderem die Airbags.

Setzen die Retter versehentlich deren Auslösemechanismus in Gang, könnte das die Eingeklemmten zusätzlich böse verletzen. "Nicht immer jedoch kommen wir an die Batterie heran, und dann schwingt bei aller Erfahrung auch Unsicherheit mit, wenn man schneidet oder spreizt: Jetzt bloß kein Knall!"

Die zwei Medaillenseiten des Fortschritts, sie machen sich auch bei der Sicherheitstechnik in Autos bemerkbar. Komplexe Sensorik und Pyrotechnik von Airbags und Gurtstraffern sowie extrem stabile Fahrgastzellen schützen Leben — erschweren der Feuerwehr im Notfall aber auch zum Teil die Arbeit. "Gerade wenn es um Minuten und Sekunden geht, ist Unsicherheit, wo an der Karosserie Schere oder Spreizer am besten anzusetzen sind, natürlich das letzte, was wir gebrauchen können", betont Brand.

Bei 23 Verkehrsunfällen mussten Langenfelds Feuerwehrleute im vorigen Jahr technisches Rettungsgerät einsetzen, im Durchschnitt also etwa alle zwei Wochen. Kein übertrieben hoher Wert, wenn man bedenkt, dass die Wehr allein für drei Autobahnen zuständig ist: für die A 542 sowie die Teilstücke der A 3 und A 59.

Um gegenüber den Autoherstellern in Sachen Fahrzeugpanzerung mithalten zu können, haben die Blauröcke inzwischen aufgerüstet: "Wir haben größere Scheren und Spreizer angeschafft", berichtet Brand vom Wettlauf mit der Auto-Industrie, die immer robustere Fahrzeug-Holme fertigt und zum Beispiel die Türen mit Verstärkerplatten ausstattet. Mit einer Spreizkraft von bis zu fünf Tonnen sollen die neuen Rettungsgeräte auch Wagen der oberen Mittelklasse knacken können.

Gegen versteckte Airbags, Gasgeneratoren und Steuergeräte helfen jedoch auch die brachialsten Apparate wenig. "Hier bringen uns nur unsere Erfahrung beim Aufschneiden von Unfall-Autos und das Wissen um die Anordnung der Technik im Fahrzeug weiter", erläutert Brand.

Die Informationen darüber, wo sie beim jeweiligen Wagentyp am besten schneiden und spreizen, entnehmen die Wehrleute speziellen Kompendien, in gedruckter wie auch in digitalisierter Form. "Außerdem wird auf Schrottplätzen geübt", sagt der Stadtbrandmeister. Im Ernstfall sei überdies immer ein Kamerad "mit gehobener Ausbildung" unter den Rettungskräften, um die "Erfahrung vor Ort" sicherzustellen.

Bleibt ein Problem: "Beim Einsatz muss alles schnell gehen, da können wir keine Wälzer über die Beschaffenheit bestimmter Fahrzeugtypen konsultieren", unterstreicht Brand.

Deshalb begrüßt er eine Initiative des ADAC, jedes Auto mit einer standardisierten "Rettungskarte" auszustatten: "Die wäre hinter der Fahrersonnenblende zu platzieren und enthielte die für uns Rettungskräfte wesentlichen Informationen, etwa: Wo befinden sich die Airbags? Wo sind günstige Schnittpositionen, um leichter durch den Stahl zu kommen und einen Kontakt mit den Gasgeneratoren der Airbags zu vermeiden? Wo kann Gerät zur Aufspreizung des Fußraums angesetzt werden?"

Info Mehr zur Rettungskarte findet sich auf www.adac.de.

(RP)
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