Langenfeld/Hilden Junge Südeuropäer lernen Deutsch

Langenfeld/Hilden · Die Krise halb EU-Europas ist in den Volkshochschulen angekommen: Die Nachfrage nach Deutschunterricht steigt.

 "Aus dem, nach dem, mit dem": Tzortzina Kasapaki lernt Verhältniswörter, die den Dativ regieren. Die insgesamt 19 Teilnehmer ihres VHS-Kurses kommen aus 14 verschiedenen Ländern.

"Aus dem, nach dem, mit dem": Tzortzina Kasapaki lernt Verhältniswörter, die den Dativ regieren. Die insgesamt 19 Teilnehmer ihres VHS-Kurses kommen aus 14 verschiedenen Ländern.

Foto: olaf staschik

Noch muss, wer sich mit Tzortzina Kasapaki auf deutsch unterhält, langsam und deutlich sprechen, damit die junge Griechin folgen kann. Doch ein Wort versteht sie auf Anhieb: "Staatsbankrott". "Auf Kreta, wo ich herkomme, geht's den Menschen wegen des Tourismus noch nicht mal so schlecht", sagt die 20-Jährige. "Aber ich will nicht vier Jahre studieren, um dann wie so viele junge Leute in meiner Heimat arbeitslos zu sein." Deshalb wohnt sie seit einigen Monaten zusammen mit ihrem Freund Alexios (25, aus Athen) in einer kleinen Wohnung in Langenfeld und büffelt an vier Nachmittagen in der Woche bei der Volkshochschule Deutsch.

Tzortzina ist kein Einzelfall. "Wir verzeichnen in unseren Deutsch-Integrationskursen mehr Andrang aus den südeuropäischen Krisenländern, vor allem aus Griechenland, aber auch aus Spanien und Italien", berichtet Detlef Kralemann von der Langenfelder VHS. Genau quantifizieren könne er die Zunahme nicht, doch sei diese "deutlich erkennbar", sowohl in den Beratungsgesprächen für das Fach "Deutsch als Fremdsprache" (2012 insgesamt 85 Termine mit 298 Teilnehmern) wie auch in den Integrationskursen selbst (2012: 25 mit insgesamt 225 Teilnehmern).

Die meisten, die in die Kurse kämen, könnten am Anfang auf deutsch kaum mehr als "Guten Tag" sagen, weiß Kralemann von Kursleitern wie Cordelia Scholz (59). "Aber sie sind hochmotiviert", betont die erfahrene Dozentin. Auch wenn die Arbeit stets vorgeht, denn dafür sind die Südeuropäer hier: "Sobald sie einen Vertrag kriegen, greifen sie zu", hat Kralemann beobachtet.

Und auch während des Deutsch-Lernens will der Lebensunterhalt finanziert sein. "Vormittags arbeite ich in einer Wäscherei", erzählt Tzortzina. "So bald wie möglich" will die charmante, hellwach wirkende Griechin indes Psychologie studieren. "Später vielleicht machen mein Freund und ich dann einen Direktimport-Laden für griechische Spezialitäten auf."

Bei der VHS Mettmann-Wülfrath stellt Leiterin Barbara Lorenz-Allendorff etwas "Bemerkenswertes" fest. "Die Deutschkurse werden bei uns in erster Linie von jungen Polen und anderen Osteuropäern besucht, die hier entweder eine Ausbildung machen oder schon arbeiten. Wir haben aber viele Bewerbungen auf Dozentenjobs — von Griechen und Spaniern."

Ursula Moldon, die Leiterin der VHS Erkrath, hat gut gefüllte Deutschkurse und im Herbst einen zusätzlichen Abendkursus anzubieten. "Für die berufstätigen Kursteilnehmer." Die kommen aus "Griechenland, Spanien, Portugal, Georgien und Polen." Gerade die jungen Leute hätten eine "gute Bildungsbiografie. Die wissen, wie man Fremdsprachen lernt." Der Abendkursus beginnt im September. Die VHS-Leiterin rät, sich schon jetzt anzumelden.

Auch in Hilden ist das Interesse an Deutschkursen groß und die Teilnehmerzahlen steigen, sagt Fachbereichsleiter Heiner Fragemann. "Da fällt nie etwas aus." Einen starken Anstieg allein bei den Südeuropäern kann er allerdings nicht beobachten, das Interesse sei insgesamt hoch in Hilden und Haan.

Clemens Urbaneck, der Geschäftsführer im Bereich Berufsbildung und Prüfung der zuständigen IHK, spricht von Anfragen aus Betrieben. "Die wollen von uns wissen, wie das geht." Im Moment wisse er selbst nur, dass die ZAV, also die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Arbeitsagentur, in erster Linie zuständig sei. "An die können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer wenden, wenn es um Fortbildungen und eben auch Vermittlungen geht. Wir als IHK wollen jetzt aber alle wichtigen Infos bündeln und dann die Betriebe informieren."

(RP)
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