Monheim Junge Flüchtlinge kochen selbst

Monheim · In Monheim werden 25 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vom Jugendamt betreut. Ein Besuch in einer WG.

 Abdulrahman (r.)und andere WG-Bewohner sowie Iris Wolf (l.) in der Küche der Baumberger Wohnung.

Abdulrahman (r.)und andere WG-Bewohner sowie Iris Wolf (l.) in der Küche der Baumberger Wohnung.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses in Baumberg riecht es nach gebratenen Zwiebeln. Der neue Betreuer der Wohngemeinschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gibt heute seinen Einstand, indem er das Kochen übernimmt. Denn wie in einer normalen WG müssen die neun Jugendlichen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und dem Irak alle im Haushalt anfallenden Aufgaben nach einem rollierenden System selber verrichten. "Das war anfangs für sie ungewohnt, und teilweise muss man noch danebenstehen, aber insgesamt klappt es", sagt Iris Wolf. Die Sozialpädagogin betreut die neun "Jungs", wie sie sie nennt, jeweils zu zweit mit einem Kollegen rund um die Uhr.

Am 18. Dezember wurde die WG eröffnet. "Als erstes geben wir ihnen hier Sicherheit und ein Zuhause", sagt Iris Wolf. Im so genannten Clearingverfahren wird neben etwaigen medizinischen Problemen geklärt, welche Schulbildung die Jugendlichen genossen haben, welche Perspektiven man ihnen eröffnen kann. Die Vormundschaft für sie haben Mitarbeiter der Diakonie Düsseldorf übernommen, sie kümmern sich vor allem um das Asylverfahren. Das Jugendamt hat sie in einen der städtischen Deutschkurse vermittelt. "Sie stehen auf der Warteliste für die internationalen Klassen der berufsbildenden Schulen", sagt Friedhelm Haussels, Leiter des Allgemeinen Sozialdienstes. Die weitere Frage sei natürlich, in wieweit sich ihre bisherige Schulbildung hier verwerten lasse.

Abulrahman stammt aus einer Lehrerfamilie in Aleppo, dort besuchte er zehn Jahre lang eine Schule. "Seinen Eltern ist wichtig, dass er etwas lernt. Sie haben Geld gesammelt, um seine Flucht zu organisieren", übersetzt ein Dolmetscher. Ab einem bestimmten Alter wird man vom syrischen Militär zwangsrekrutiert, so erging es seinem Cousin. "Ich wollte aber nicht kämpfen", sagt Abdulrahman. Wie bei den meisten der anderen Jugendlichen auch leben Verwandte von ihm bereits in Deutschland, sie können ihn aber nicht aufnehmen.

Abgesehen von etwaigen traumatischen Kriegs-Erlebnissen und der Trennung von der Familie macht den Jugendlichen ihre Untätigkeit zu schaffen. "Sie leiden unter der deutschen Bürokratie, werden schon ungeduldig, denn sie sind alle motiviert, etwas zu lernen und zu tun", sagt Wolf. Anwar, der in Idlib im Nordwesten des Iraks aufgewachsen ist und dort elf Schuljahre absolviert hat, möchte Ingenieurwesen studieren. Er telefoniert täglich mit seiner Familie. Mahdi hat in seiner Heimat Afghanistan schon Chemie studiert. Er spricht so gut Englisch, dass ihm das Erlernen der deutschen Sprache nach eigenem Bekunden nicht schwerfällt.

Der Sprachkursus helfe auch, den Tag zu strukturieren, sagt Iris Wolf. Wenn er auch nachmittags liegt und nicht dazu beitrage, den "Jungs" das Aufstehen schmackhaft zu machen. Überdies sorgen die Betreuer für die Freizeitgestaltung. Die meisten wollten Sport machen, ein Kampfsportverein bietet Taekwondo an, ein Fitnessclub hat sich bereit erklärt, die Jugendlichen zu vergünstigten Konditionen aufzunehmen.

In dem Mehrfamilienhaus sei die WG anfangs skeptisch beäugt worden, inzwischen begegneten die Anwohner ihr aber wohlwollend, so Wolf. Nach dem dreimonatigen Clearing werden die Jugendlichen in Wohngemeinschaften entlassen und in deutlich reduziertem Umfang betreut.

(RP)
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