Weihnachten 2018 „Und der Oscar für die beste Nebenrolle geht an – Josef !“

Langenfeld · In der Langenfelder Erlöserkirche gab es gestern ein Krippenspiel der besonderen Art: Nicht das Jesuskind stand im Mittelpunkt, sondern sein Pflegevater.

 Engel mit Krawatte – nicht das einzige Ungewöhnliche beim Krippenspiel gestern in der evangelischen Erlöserkirche an der Hardt.

Engel mit Krawatte – nicht das einzige Ungewöhnliche beim Krippenspiel gestern in der evangelischen Erlöserkirche an der Hardt.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Es ist ein Krippenspiel, wie es so keiner kennt. Das liegt nicht nur daran, dass es bereits gestern, am Vierten Advent, aufgeführt wurde. Und dass es jedes Jahr neu geschrieben und überwiegend von Jugendlichen und Erwachsenen dargestellt wird. Sondern auch daran, dass sich die Gemeinde der evangelischen Erlöserkirche an der Hardt jedes Jahr einen besonderen Schwerpunkt aussucht. In diesem Jahr ist es der Josef.

Der Bräutigam von Maria und Pflegevater von Jesus steht in diesem Krippenspiel nicht, wie sonst oft üblich, am Rand, sondern im Zentrum des Geschehens. So wird die Geschichte rund um Jesu Geburt aus der Rückschau betrachtet. Josef begegnet dem Engel Gabriel und die beiden unterhalten sich darüber, was damals passierte. Szenisch werden dann Rückblenden in den Dialog eingewoben, so dass der „alte“ Josef noch einmal sein früheres Ich betrachtet. Natürlich geht es dabei nicht immer todernst zu, denn die etwas anderen Krippenspiele der Erlöserkirche möchten die Menschen zum Schmunzeln bringen. „Es ist würdevoll, aber man kann lachen“, bringt es Prädikant Arnold Köppen, der das Krippenspiel organisiert hat, auf den Punkt.

Warum war es wichtig, Josef ins Licht zu stellen? „Josef ist eine ganz wichtige Person, aber er steht immer nur an der Seite“, sagt Köppen. Das zeige sich schon allein daran, dass es nur ein einziges Lied im Kirchengesangbuch gibt, in dem er überhaupt vorkommt, nämlich in „Ihr Kinderlein kommet“. „Aber Josef war ein ganz moderner Vater, als er Jesus als seinen Pflegesohn angenommen hat“, betont Arnold Köppen.

Jesus‘ Vaterbild sei stark von Josef geprägt, der ein liebender sorgender Vater war. „Er hat Maria sehr geliebt.“ Zu damaligem Recht hätte er Maria als Ehebrecherin auch steinigen lassen können. Zwar überlegte Josef, ob er sie verlassen soll. „Aber selbst das war für ihn nicht akzeptabel.“ Damit hat Josef als Mann nicht nur die Verantwortung übernommen, sondern in seinem Mitgefühl und seiner Liebe auch eine enorme Stärke bewiesen.

Dass die Erlöserkirche eine Männerfigur in den Fokus ihres diesjährigen Krippenspiels für Erwachsene nimmt, ist wichtig, denn gerade manche Männer scheinen in den Kirchen Identifikationsprobleme zu haben. Das meinte auch mal Langenfelds katholischer Pastoralreferent Detlef Tappen in einem Interview mit der RP: „Jenseits von Geschlechter-Klischees entdecke ich viel ‚weibliche‘ Ästhetik und Sprache im Raum der Kirche und meine, dass Themen wie Sinn, Gefühle, Hingabe, Kinder und (Für-)Sorge Männer nicht sofort ansprechen.“ Männerthemen wiederum – wie Leitung, Erfolg, Veränderung, Sexualität, aber auch Arbeit und Arbeitslosigkeit, Einsamkeit, Gewalt, Süchte – scheinen dem katholischen Seelsorger in der Kirche zu wenig aufgegriffen zu werden. „Männer finden bei uns zudem wenig klare, kantige und fordernd-ansprechende Identifikationsfiguren“, sagt Tappen. Sein evangelischer Mitbruder Köppen ist sich sicher, dass Josef auch heute eine Vorbildfunktion hat. Das betont er auch in seiner Predigt nach dem Krippenspiel: „Wir können viel von Josef lernen. Zum Beispiel die Position zu akzeptieren, an die ich gestellt bin, und sie auch anzunehmen.“ Gerade in heutigen Patchwork-Familien sei das aktuell. Josef hat Jesus großgezogen und akzeptiert, als Stiefvater quasi „nur“ in der zweiten Reihe zu stehen. Arnold Köppen, der selbst einen Stiefsohn hat, weiß, wovon er spricht: „Josef sollte den Oskar für die beste Nebenrolle bekommen.“

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