Langenfeld Ilias tanzt mit den Mädchen

Langenfeld · Siebenjähriger räumt als einziger Junge Medaillen ab mit den Dancing Sweethearts.

 Ilias (7) tanzt erfolgreich mit den "Dancing Sweethearts" von "Susannes Ballettschule" in Langenfeld.

Ilias (7) tanzt erfolgreich mit den "Dancing Sweethearts" von "Susannes Ballettschule" in Langenfeld.

Foto: RALPH MATZERATH

Mit seiner Tanztruppe, den Dancing Sweethearts, räumte Ilias Araz kürzlich gleich neun Medaillen beim 22. Deutschen Ballettwettbewerb in München ab. Als neuer Deutscher Meister ist der Siebenjährige nicht nur besonders talentiert, er gehört auch hierzulande ganz klar zur Minderheit in einer sonst weiblich dominierten Sportart.

Ilias bewegt sich gerne, turnt herum, springt und hüpft mit Leichtigkeit und einer für sein Alter bemerkenswerten Körperspannung über die Matten. "Am liebsten mach ich Akrobatik und schlage Räder", sagt der Junge etwas schüchtern. Durch seine ältere Schwester lernte er Ballett kennen, begleitete sie zu Turnieren. Ilias spielt aber auch gerne Fußball mit seinen Freunden. Rhythmusgefühl bringt Ilias zusätzlich mit. Die perfekten Voraussetzungen also, um die Mutter aller Tanzstile, das klassische Ballett, erfolgreich auszuüben.

Ja, beim Siebenjährigen handelt es sich um ein echtes Naturtalent. "Ilias ist ein absoluter Glücksgriff", sagt Ballettlehrerin Susanne Guss, Inhaberin der gleichnamigen Ballettschule in der Langenfelder Innenstadt. Aus dem Siebenjährigen könnte später sicherlich noch ein großartiger Profitänzer werden. "Die Voraussetzungen dafür erfüllt er definitiv, aber er ist ja auch noch sehr jung. Da muss man einfach schauen, wie er sich entwickelt, und ob er in ein paar Jahren überhaupt noch tanzen will."

Denn Ilias gehört zu einer Minderheit im Ballett. Bei den Dancing Sweethearts, einer größeren Formation aus Sieben- bis 14-Jährigen, ist er der einzige Junge. "Ilias ist sehr pflegeleicht und steht in der Truppe eigentlich immer außen vor", berichtet Guss. Während es unter den Mädels manchmal auch herber zugehen kann, hält sich Ilias zurück, übt seinen Sport aus. Konkurrenz kennt er nicht. In Susanne's Ballettschule gibt es neben Ilias noch einen weiteren kleinen Tänzer in einer anderen Gruppe - einen Sechsjährigen. In höheren Altersklassen nimmt die Zahl der Jungs ab, wenn sie da noch überhaupt existent ist.

"In Deutschland ist es sehr schwierig, Jungs fürs Ballett zu gewinnen", sagt auch Mareike Liffers, Inhaberin der Ballettschule am Königshof in Mettmann. Dass nur wirklich talentierte Jungen in die Ballettschule gingen, wollte Liffers nicht bestätigen. "Das lässt sich nicht so pauschalisieren. Dafür gibt es einfach zu wenige. Und wenn es eine männliche Hauptrolle zu besetzen gibt, dann tanzt eben der, der da ist, auch wenn er vielleicht nicht so gut ist." Bei ihr in Mettmann tanzt ein Zehnjähriger als einziger Junge mit. "In osteuropäischen Ländern ist das anders, da wird Ballett als Leistungssport wahrgenommen. Da gibt es mehr männliche Tänzer. Hier hingegen herrscht das Bild von rosa Tutus vor", bedauert die Tanzpädagogin. Dabei seien Männer wichtig im Ballett - etwa für die beliebten Hebefiguren. Denn was wären Tschaikowskis "Schwanensee" und "Nussknacker" ohne männliche Balletttänzer? Ohne Hebefiguren? Sicherlich wären die Stücke nicht ganz so schön anzuschauen.

Wobei es Janine Korten, Inhaberin des Ballett- und Tanzateliers in Haan auch ein bisschen verstehen kann, dass es nur wenige Jungs im Ballett gibt, obwohl sie sich mehr von ihnen wünschen würde. "Ohne Jungs fällt zum Beispiel auch der Pas de Deux aus, was sehr schade ist. Dass Ballett für Jungen nicht so cool ist, liegt bestimmt auch an der Kleidung mit den engen Hosen, um die Muskulatur besser sehen zu können." Denn Vorurteile würden schon bei den Jüngsten deutlich. "Ich habe es erlebt, dass eine Gruppe von achtjährigen Mädchen angefangen haben zu lachen, als ein Junge im Ballettoutfit dazu kam." Bei ihr gibt es zurzeit keine männlichen Tänzer. Balletttrainer sind ebenso selten in Hobbyformationen. Diese finden sich dann eher in renommierten Ensembles wieder.

Häufig sind es Eltern, die ihren Söhnen nicht die Möglichkeit geben, Ballett auszuprobieren. Auch Ilias Eltern hatten zunächst Bedenken, ließen ihn letztendlich aber selber entscheiden und unterstützen ihn jetzt tatkräftig. Ilias fühlt sich, als einziger Hahn im Korb, auch sichtlich wohl in seiner Formation. Doch nach hartem Training auf der Bühne zu tanzen, macht dem Siebenjährigen am meisten Spaß. Die nächste Möglichkeit dazu haben die Dancing Sweethearts im Juni bei der Weltmeisterschaft in Barcelona.

(RP)
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