Langenfeld/Monheim Heime kritisieren Pflege-TÜV

Düsseldorf · Seit 2009 sollen Schulnoten bei der Auswahl eines Seniorenheims helfen. Ein Verfahren, das auf ein geteiltes Echo stößt. Die Erfahrung vieler Heimleiter: Die Noten spielen bei künftigen Bewohnern keine allzu große Rolle.

Wer für einen Angehörigen einen Altenheimplatz sucht, findet im südlichen Kreis Mettmann viele Angebote. Doch welche Einrichtung ist die Richtige? Bei der Antwort hilft seit Sommer 2009 ein transparentes Bewertungssystem, der sogenannte "Pflege-TÜV". Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) besucht im Auftrag der Pflegekassen unangemeldet die Heime, beurteilt sie vor Ort nach verschiedenen Kriterien (s. Info) und erteilt Noten. Wie in der Schule bedeutet die "eins" ein sehr gut und die "fünf" ein mangelhaft. Die Ergebnisse sind unter anderem im Internet einsehbar.

Objektive Kriterien

Freilich: Der Pflege-TÜV stößt auf ein unterschiedliches Echo. Die Erfahrungen der Heime mit dem neuen Verfahren und den MDK-Prüfern sind sehr unterschiedlich. "Etwas Neues muss manchmal nachgebessert werden", ist die diplomatische Formulierung von Annelie Bierganz, Leiterin des Hewag- Seniorenstiftes in Langenfeld. Die seit 30 Jahren in der Altenpflege tätige Heimleiterin bedauert, dass die Bewohner zwar von den Prüfern befragt, deren Meinung aber nicht in die Gesamtnote eingeht. Für den MDK ist die subjektive Einschätzung der Senioren zwar wichtig, aber "die Bewertung soll bewusst auf objektive Kriterien beschränkt sein", begründet Dr. Angelika Fiedler, MDK-Sprecherin, das Verfahren, zumal im detaillierten Bericht die Meinung der Bewohner nachlesbar sei.

Auf frühe Erfahrungen mit dem neuen System blickt Ulrike Nehrke, Leiterin der beiden Monheimer Diakonie-Einrichtungen zurück. Bereits im September 2009 besuchten Prüfer sowohl die Diakonie in der Kirchstraße, als auch das neue Zentrum am Berliner Platz. "Das Prüfteam Kirchstraße war sehr konstruktiv, die Atmosphäre — trotz Prüfsituation — entspannt, bei der Kommission im Neubau entstand bei der Pflegedienstleitung dagegen der Eindruck "staatsanwaltlicher Ermittlung". Es schien, als wären die Dokumentation, die Akten, wichtiger als die Menschen. Nehrke vermisste am Berliner Platz vor allem "das Verständnis für die Sondersituation auf Grund der Neubelegung des Diakoniezentrums und der damit verbundenen Umsetzung von Fachkräften aus der Kirchstraße". Die im Vergleich zum exzellenten Prüfergebnis in 2007 schlechtere Note habe man ohne kräftezehrendes Einspruchsverfahren hingenommen, "weil die Nachfrage nach unseren Einrichtungen aufgrund der guten Mund-zu-Mund Propaganda nach wie vor sehr hoch ist".

Auch nach den Erfahrungen von Christa Reinders, Leiterin des Karl-Schröder-Hauses der Awo in Langfort, "spielt die im Netz nachlesbare MDK-Note für die Nachfrage kaum eine Rolle". Die Interessenten gucken sich lieber das Haus an, "sprechen mit uns und Bewohnern". Auch das Schröder-Haus wurde schon nach dem neuen Verfahren überprüft, die Gesamtnote 1,5 liegt über dem Landesschnitt. Auch Reinders störte bei der Prüfung der gesteigerte Wert auf Formalien. "Wir haben zwar eine besondere Kost für Demenzkranke, aber diese damals nicht im schriftlichen Konzept erwähnt, also galt die Voraussetzung als nicht erfüllt." Was ihr auch auffiel: "Der MDK bemängelt, dass wir bei 112 Bewohnern nur zwei Stellen im sozialen Dienst vorhalten, aber die Krankenkassen lehnen eine Personalvermehrung aus finanziellen Gründen ab".

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(RP)
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