Monheim Gericht: Familienzwist mit bösen Unterstellungen

Düsseldorf · Eigentlich sollte es um den vermeintlichen Anbau von Cannabis-Pflanzen auf dem eigenen Balkon und eine von Zeugen behauptete, verbotene Weitergabe dieser zur Rauschgift-Erzeugung genutzten Gewächse an Minderjährige gehen. Faktisch offenbarte sich vor dem Langenfelder Amtsgericht gestern ein eskalierender Familien-Zwist, der nahe Verwandte, die zuvor ganz regelmäßig Kontakt hatten, vollkommen entzweite.

Angeklagt war eine 38-jährige Mutter zweier Teenager aus Monheim. Nach Behauptungen ihres inzwischen 17-jährigen Neffen soll die von Hartz IV lebende Frau im vergangenen Jahr Hanf-Setzlinge auf dem Balkon ihrer Wohnung gezüchtet haben. Die Tante habe bekanntlich einen "grünen Daumen" und sei ab und zu "breit" gewesen. Die größte der Pflanzen habe sie aus dem Topf gerissen und ihm – verpackt in einen blauen Müllsack – geschenkt, behauptete der junge Mann. Auch einen "Bong" (Wasserpfeife zum Rauchen von Tabak) habe sie ihm schenken wollen. Den habe er nicht gewollt und auch die Pflanze habe er nach kurzer Zeit wieder zurückgebracht, weil er mit Drogen nichts zu tun habe.

Wie zerrüttet die Familienverhältnisse inzwischen sind, verdeutlichten Aussagen der arbeitsunfähigen Angeklagten. So behauptete sie unter anderem, der Neffe habe ihr eine Gaspistole aus der Wohnung gestohlen.

Sowohl der Neffe wie auch ein inzwischen mit seiner Schwester über Kreuz liegender Bruder identifizierten am Richtertisch spontan die Pflanzenart, die sie auf dem Balkon ihrer nahen Verwandten gesehen haben wollten. Dazu hatte der Richter Fotos von Tomaten-, Bambus- und Hanfsträuchern vorgelegt. "Der eine trinkt ein Bier, der andere raucht 'nen Joint", erweckte auch der Bruder den Eindruck, seine Schwester könne etwas mit illegalen Drogen zu tun haben. Freilich räumten er und sein Neffe gleichermaßen ein, die Tante niemals beim Konsum beobachtet zu haben.

Freispruch

Zusätzlich entlastet wurde die 38-Jährige durch die gestern gemachten Aussagen ihres langjährigen festen Freundes sowie durch einen Drogentest zum Zeitpunkt der vermeintlichen Züchtungen. Der Test hatte keinerlei Anhaltspunkte für einen möglichen Konsum ergeben. Auch eine Wohnungsdurchsuchung Ende 2008 war ergenislos verlaufen. Widersprüche in den Aussagen des Neffen und das Eingeständnis des Bruders, das meiste nur vom Hörensagen zu wissen, ließen Staatsanwalt und Verteidigung schließlich auf Freispruch plädieren.

Der Richter folgte dem, stellte aber noch einmal für die Öffentlichkeit klar: "Die Weitergabe derartiger Pflanzen an Minderjährige wäre ein Verbrechen, das Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr nach sich ziehen würde."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort