Thomas Müller "Gegen die Pubertät kommt keiner an"

Langenfeld · Der Leiter der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche rät zu mehr Gelassenheit und Geduld.

 Thomas Müller kann sich noch gut an seine eigene Jugend erinnern. Er berät Eltern pubertierender Kinder.

Thomas Müller kann sich noch gut an seine eigene Jugend erinnern. Er berät Eltern pubertierender Kinder.

Foto: RALPH MATZERATH

Langenfeld/Monheim Mit der Pubertät brechen in der Familie neue Zeiten an. Aus den braven Söhnen und Töchtern werden aufmüpfige Teenager, die lieber mit Freunden abhängen, als für die Schule zu lernen. Eine Herausforderung sowohl für Eltern, als auch für Lehrer. Thomas Müller, Leiter der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche an der Friedenauer Straße 17c (3. Etage) in Monheim rät dazu, mit dem Nachwuchs im Gespräch zu bleiben.

Viele Lehrer betonen, in der 7. Klasse schlage die Pubertät voll durch. Folglich ließen sich die Schüler nur noch schwer motivieren. Wann wird es wieder besser?

Müller Das ist so. Da gibt es eine Delle. Bei Mädchen beginnt diese Phase meistens mit zwölf, dreizehn Jahren. Zwischenmenschliche Themen rücken dann in den Vordergrund. Dabei spielen soziale Netzwerke eine große Rolle. Jungen kommen etwas später in die Pubertät. Für Eltern ist es oft schwierig, mit den Söhnen in Kontakt zu bleiben, weil die in der Regel kaum darüber reden wollen. Es ist aber ganz wichtig, mit den Kindern im Gespräch zu bleiben. In der zehnten Klasse wird es meistens wieder besser. Dann stehen die zentralen Abschlussprüfungen an, oder die Schüler bereiten sich auf die Oberstufe vor.

Sollen Eltern die hormonelle Hochphase - und damit oft verbunden sinkende Leistungen in der Schule - einfach ignorieren, oder gibt es Möglichkeiten, den Lerneifer trotzdem wieder anzuregen?

Müller Sie sollten beides berücksichtigen. Sie werden nicht gegen die Pubertät ankommen. Eltern dürfen dennoch nicht aufgeben und die Flinte ins Korn werfen. Dabei spielt es eine große Rolle, wie das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern vorher war. Gab es beispielsweise eine gute Konfliktstruktur in der Familie? Das ist eine wichtige Grundlage.

Wie geht das am besten? Weise Ratschläge gehen meistens hier rein und da wieder raus.

Müller In der Pubertät geht es um Selbstfindung. Im Dialog mit den Kindern müssen die Dinge neu ausgehandelt werden. Alle Familienmitglieder müssen sich gemeinsam fragen, wo noch Unterstützung gebraucht wird und was schon alleine gelingen kann.

In der Schule helfen Tadel und Einträge ins Klassenbuch jetzt kaum noch. Was halten Sie von Motivations-Apps wie beispielsweise "classcraft"?

Müller Ich sehe immer den Lehrer im Vordergrund. Die persönliche Bindung ist wichtig. Es kann problematisch sein, wenn zwischenmenschliche Beziehungen an Spiele delegiert werden. Als Mittel sind sie aber durchaus eine Möglichkeit, um zu motivieren. Die virtuelle Welt spielt für die Heranwachsenden natürlich eine nicht zu unterschätzende Rolle. Durch die Nutzung der Apps sollten aber keine konkurrierenden Parallelwelten zum Lehrer aufgebaut werden.

Die eigene Jugend liegt ja meistens schon etwas zurück. Gibt es für Eltern im Umgang mit ihrem pubertierenden Nachwuchs Hilfen?

Müller Pubertät heißt, die eigenen Grenzen kennenzulernen, sie auszutesten und manchmal zu überschreiten. Vertrauen zwischen Eltern und Kindern ist in dieser Phase immens wichtig. Wichtig ist es aber auch, die Interessen der Kinder im Blick zu haben. Auch in Bezug auf den Schulabschluss. Im schulischen Bereich müssen Eltern überlegen, wo sie helfen können oder, ob es manchmal vielleicht besser ist, einen Nachhilfelehrer zu engagieren. Man sollte auch früh genug darüber nachdenken, ob das Abitur und ein anschließendes Studium wirklich immer die bessere Wahl ist. Hilfen gibt es für Eltern bei uns in Beratungsgesprächen und in Kursen. Am Donnerstag, 30. August, beginnt beispielsweise ein kostenfreies Pubertäts-Seminar mit dem Titel: "Neue Zeiten - neue Wege". Am Montag, 4. Juni, startet das ebenfalls unentgeltliche Elterncoaching "Navigieren in stürmischen Zeiten". Eine Anmeldung ist in der Beratungsstelle unter Telefon 02173 55858 oder per Mail info@erziehungsberatung-monheim.de / info@erziehungsberatung-langenfeld.de möglich.

(pc)
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