Langenfeld. Frauen erleben das Paris der 20er

Langenfeld. · Volkshochschule und Gleichstellungsbeauftragte hatten zu diesem Spaziergang eingeladen.

 Die frankophile Journalistin Viola Gräfenstein führt im kleinen Schwarzen und mit französischem Akzent authentisch durch den literatisch-musikalischen Spaziergang durch Paris.

Die frankophile Journalistin Viola Gräfenstein führt im kleinen Schwarzen und mit französischem Akzent authentisch durch den literatisch-musikalischen Spaziergang durch Paris.

Foto: Viola Gräfenstein

Ein Spaziergang vom Eiffelturm über die Champs-Élysées bis hin auf den höchsten Berg von Paris, den Montmartre. Viola Gräfenstein, Journalistin und Paris-Liebhaberin, sowie Pianist Berthold Scheuß nahmen ihr Publikum mit auf eine Reise ins Paris der Goldenen Zwanziger. Zum Internationalen Weltfrauentag Volkshochschule und Gleichstellungsbeauftragte zu einem literarisch-musikalischen Abend ein. Die Literaturwissenschaftlerin und Hörfunkjournalistin Gräfenstein zeigte dabei ein besonderes Händchen für die Auswahl der Texte, die in erster Linie aus der Feder von Literatinnen der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg stammten. Der Pianist Berthold Scheuß unterlegte Texte und Moderationen atmosphärisch mit eigens komponierten Stücken sowie mit fein ausgewählten Werken französischer und ausländischer Komponisten, die eine besondere Beziehung zu Paris hatten.

Gräfenstein, die Paris beruflich und privat seit über 20 Jahren kennt und als "absolute Lieblings- und Traumstadt" bezeichnet, spazierte mit den Zuschauern zu Orten, die sie von ihren zahlreichen Besuchen der Metropole her kennt. Vom Eiffelturm aus zog sie mit dem Publikum die Seine entlang, bis hoch zum Montmartre. Begleitet von der Lyrik Jacques Préverts. Angekommen bei Adrienne Monnier und Sylvia Beach, deren Buchhandlungen Treffpunkt der künstlerischen und literarischen Avantgarde in Paris waren, vermittelte die frankophile Journalistin das Bild emanzipierter, selbstbewusster Frauen, die Haus, Hof und Mann verließen, um in der französischen Metropole Kultur, Mode oder auch die Liebe einer anderen Frau zu finden. "Man muss immer trunken sein!", forderte schon Charles Baudelaire, egal ob von Liebe, Wein, Poesie, Tugend oder sogar den Obstschnäpsen und Haschkeksen aus dem Hause Gertrude Steins. Der Darstellerin gelang es, mit diesen Pointen das Publikum in ihrem Bann zu halten und viele Lacher zu erhalten.

Als die Reise das Publikum in Pariser Kaufhäuser führt, wird klar: Der Schriftsteller Émile Zola war ein Frauenversteher. Das Kaufhaus "Das Paradies der Damen", ist ein Paradies, in dem sie "billig kaufen nicht widerstehen können." Wenn Frauen ein gutes Geschäft machen können, werde eben alles gekauft, so Zola. Zuschauerinnen fühlten sich bei diesen Sätzen ertappt und lachten. Die wenigen männlichen Begleiter stöhnten hingegen. Die Stimmung blieb aber durchweg locker. Besonders als Gräfenstein mit Aprikosencocktail schlabbert oder literarisch mit dem Publikum in die Métro einsteigt. Die Zuschauer reisen immer lachend und glücklich mit. Schließlich kommt die Reisegesellschaft am Montmartre an, der Treffpunkt der Absinth-Liebhaber. Auch von diesem berauschenden Branntwein kostet die Darstellerin scheinbar erstmalig: Sie verzieht das Gesicht, räuspert sich und alle lachen heiter. Zum Abschluss ihrer kleinen Reise flaniert sie mit den Gästen über die Champs-Élysées. Die Zuschauerin und Pariserin Michèle Labarthe schwärmt von dem Akzent Gräfensteins. "Die Themen, die sie angesprochen hat, waren auch sehr zutreffend und sogar ich als Pariserin habe noch etwas erfahren." Doch zu kurz war der Abend für sie und ihre Freundinnen.

Denn dann endet die Reise nach rund zwei Stunden. Für die meisten Gäste hätte der Ausflug noch länger sein können. Die Sehnsucht ist geweckt. "Wir würden am liebsten sofort in den Zug nach Paris steigen!", meinen Labarthe und ihre Freundinnen.

(RP)
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