Langenfeld Ex-Manager übernimmt das Schiedsamt

Langenfeld · Peter König folgt Winfried Graw als Streitschlichter. Sein Vorgänger und seine Amtskollegin Monika Ahrend geben ihm Tipps.

 Stabwechsel im Schiedsbezirk Langenfeld-Nord: Streitschlichter Peter König (r.) übernimmt von Winfried Graw, der zehn Jahre lang zahlreiche Langenfelder vor dem teuren Gang vor den Richter bewahrt hat.

Stabwechsel im Schiedsbezirk Langenfeld-Nord: Streitschlichter Peter König (r.) übernimmt von Winfried Graw, der zehn Jahre lang zahlreiche Langenfelder vor dem teuren Gang vor den Richter bewahrt hat.

Foto: Matzerath, Ralph

Mehr als 30 Jahre war Peter König Manager bei Siemens. Zuletzt war das kein Zuckerschlecken. "Restrukturierung" nennt sich das in der Managersprache: Konzernumbau, Ausgliederungen, Personalabbau, Versetzungen. "In diesem Prozess habe ich viel Konfliktmanagement leisten müssen", sagt der 57-Jährige. "Aber während anderen solche Auseinandersetzungen ein Greuel sind, habe ich eine Herausforderung darin gesehen, Lösungen zu finden zwischen Betriebsrat, Management und den betroffenen Kollegen." Diese Erfahrung kann der Reusrather nun einbringen in ein öffentliches Ehrenamt. König ist neuer Schiedsmann für die Nordhälfte Langenfelds.

Vom Stadtrat für fünf Jahre gewählt und vom Amtsgerichtsdirektor vereidigt, tritt König nun zur Schlichtung von Konflikten in Aktion, die nach Möglichkeit nicht vor Gerichten landen sollen. Dazu zählen vor allem Nachbarschaftsstreitigkeiten. Aber auch bei leichten Körperverletzungen, Bedrohungen, Beleidigungen oder kleineren Betrügereien zwischen Nicht-Nachbarn ist das Schlichtungsverfahren vorgeschrieben, ehe ein Gericht behelligt werden kann. "Schiedsleute entlasten die Gerichte enorm. Solch ein Schlichtunsgespräch dauert mindestens eine Stunde, oft viel länger. Richter hätten gar nicht die Zeit, beide Parteien erst mal nur in Ruhe anzuhören", sagt Königs Vorgänger Winfried Graw.

Zehn Jahre hat der frühere Kämmerer und Vizechef im Langenfelder Rathaus immer wieder mit Streithähnen an einem Tisch gesessen, zuletzt etwa 15 Fälle pro Jahr bearbeitet. "Meine Erfolgsquote war durchwachsen", sagt der 75-Jährige: "Wenn ich mehr als die Hälfte zu einem Vergleich führen konnte, war ich froh." Monika Ahrend, Schiedsfrau in der Südhälfte der Stadt, macht ähnliche Erfahrungen: "Es gibt viele Konfliktparteien, die gar keinen Vergleich wollen. Die sind nur auf unseren Stempel aus, damit sie vor Gericht ziehen können."

Graw wurde nach eigenem Bekunden überwiegend mit den Klassikern der Branche befasst: Zoff um Lärm und um Grenzziehungen unter Nachbarn. "In einem Fall ging es in einer Reihenhaussiedlung unter anderem um Blumen, die mit dem Kopf in den Vorgarten des Nachbarn reichten", nennt der Schiedsmann a.D. ein besonders absurdes Beispiel dafür, worüber sich Menschen nachhaltig in die Haare kriegen können. "Lächerlich sind solche Auseinandersetzungen aber nur von außen betrachtet", gibt der Volljurist zu bedenken. "Im Gespräch werden oft tiefer sitzende Konflikte zutage gefördert, die eigentliche Ursache des Zerwürfnisses. Da geht hin bis zu einem lange zurückliegenden Streit zwischen den Kindern zweier Ehepaare, der bei der Schlichtung plötzlich zur Sprache kommt."

Graws Ratschlag an seinen Nachfolger: den erhitzten Köpfen der Streithähne Kühlung verschaffen. "Die Parteien gehen in der Regel mit einer hohen Emotionalität in ein Schlichtungsgespräch. Um die zurückzufahren, sind Regularien wichtig: Jeder kommt ausreichend zu Wort, aber einer nach dem anderen. Und man lässt den anderen ausreden." Als Schlichter selbst solle man sich zunächst ganz auf die Moderatorenrolle beschränken, aber nach einer gewissen Zeit ruhig seine eigene Meinung signalisieren.

Monika Ahrends Tipp: Wenn ein Streithansel dem Schlichter den Respekt versagt, dann muss er sich diesen kompromisslos verschaffen. Sie selbst habe auch schon mal jemanden des Raumes verwiesen. Andererseits dürfe man keine Scheu vor aparten Lösungen haben: "Einmal sind nach einer Körperletzung vor meinen Augen 500 Euro ,Schmerzensgeld' über den Tisch gewandert - damit war der Fall erledigt."

Dass sie anders als Graw keine Juristin ist, sondern aus dem Personalmanagement kommt, sieht die 67-Jährige nicht als Nachteil: "Ich stelle mich häufig sogar besonders blond. Das hat schon manchen Fall vorangebracht." Auch ihr neuer Amtskollege Peter König ist bis auf ein paar Brocken Handels- und Bilanzrecht "juristisch nicht vorbelastet". Vielleicht, sagt er, sei das sogar von Vorteil. "Denn in den Schlichtungsgesprächen soll es ja gerade nicht um Paragraphen gehen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort