Langenfeld Eine Familiengeschichte vom Großmarkt

Langenfeld · Vor 80 Jahren wurde der Markt an der Ulmenstraße in Düsseldorf eröffnet. Die Händler-Familie Marleaux ist in fünfter Generation dabei.

 Gegründet wurde der Familienbetrieb 1896 von Detlef Marleauxs Ur-Oma in Hamm. Dieses Foto zeigt ihre Söhne Johann (l.) und Philipp (mit Mütze daneben) am Rheinufer, wo der Großmarkt bis 1936 war.

Gegründet wurde der Familienbetrieb 1896 von Detlef Marleauxs Ur-Oma in Hamm. Dieses Foto zeigt ihre Söhne Johann (l.) und Philipp (mit Mütze daneben) am Rheinufer, wo der Großmarkt bis 1936 war.

Foto: Bretz Andreas

Wenn Detlef Marleaux über die vielen, teilweise vergilbten Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden in seinem Büro erzählt, verwandelt sich die Geschichte seiner Familie auch in ein Stück Stadtgeschichte. Denn die Entwicklung des Großmarkts, der vor 80 Jahren an der Ulmenstraße 275 eröffnet worden ist, war immer verwoben mit Familien wie den Marleauxs, die in vierter oder gar fünf Generation im Obst- und Gemüsehandel arbeiten. Von ihnen beziehen auch Langenfelder und Monheimer Wochenmarkthändler ihre Ware. So wie etwa Otmar Stammen (62) aus Baumberg, der neben Kräutern und Gemüse aus eigenem Anbau Sellerie, Porree und weiteres Grünzeug vom Großmarkt verkauft.

 Der Großmarkt an der Ulmenstraße wenige Jahre nach dem Kriegsende 1945. Johann (hinten links) und Elisabeth Marleaux (2.v.r.) beim Verladen ihres Gemüses.

Der Großmarkt an der Ulmenstraße wenige Jahre nach dem Kriegsende 1945. Johann (hinten links) und Elisabeth Marleaux (2.v.r.) beim Verladen ihres Gemüses.

Foto: Bretz Andreas

Fotos an den mit Holz verkleideten Wänden in Detlef Marleauxs Büro verraten besser als jede Festschrift, wie spannend und zufriedenstellend, aber auch kräftezehrend die Arbeit auf dem Umschlagplatz in Düsseldorf sein kann.

 Großmarktgeschichte ist auch Familiengeschichte. Viele kennen sich und arbeiten miteinander seit vielen Jahren, so wie Detlef Marleaux (l.) und Gemüsegärtner Bernd Hoff aus Flehe.

Großmarktgeschichte ist auch Familiengeschichte. Viele kennen sich und arbeiten miteinander seit vielen Jahren, so wie Detlef Marleaux (l.) und Gemüsegärtner Bernd Hoff aus Flehe.

Foto: Anne Orthen

Da ist etwa dieses ausgebleichte Schwarz-Weiß-Foto von Marleauxs Großeltern Johann und Elisabeth, aufgenommen vermutlich Ende der 1940er auf dem Großmarkt an der Ulmenstraße. Der Großvater verlädt gerade eine Kiste mit wahrscheinlich Kohl. Rings um ihn herum stehen viele andere Kisten mit Gemüse, denn nach den Entbehrungen der Kriegsjahre gibt es wieder Waren in Mengen. "Das war damals ein Knochenjob", sagt Detlef Marleaux. Die Holzkisten wiegen, wenn sie nass geworden sind, bis zu zehn Kilogramm, je nach Beladung auch schon mal 75. Paletten und Gabelstapler gibt es damals noch nicht: "Als in den Siebzigern der erste Gabelstapler zum Einsatz kam, war das eine Riesen-Erleichterung für alle."

 Die dritte Generation in Rath: Johann junior (r.) lächelt während der harten Arbeit kurz in die Kamera. Gabelstapler und Paletten gab es in den 1950ern noch nicht.

Die dritte Generation in Rath: Johann junior (r.) lächelt während der harten Arbeit kurz in die Kamera. Gabelstapler und Paletten gab es in den 1950ern noch nicht.

Foto: Privat/Repro: andreas Bretz

Auf vielen Fotos sieht man die Familienangehörigen des 53-Jährigen zufrieden lächeln. Fast immer tragen sie Obst und Gemüse in den Händen, so Körbe voll Äpfel oder Kisten voll Kohl. "Der Job ist sehr anstrengend, aber man ist sein eigener Chef und stolz auf seine Arbeit. Das macht einen sehr zufrieden", sagt Detlef Marleaux, der den Betrieb in vierter Generation führt. Viel gemein hat sein Alltag in Halle 11 mit dem seiner Großeltern oder seines Vaters nicht mehr. "Früher herrschte hier Chaos", erinnert sich der Familienvater und lacht. Mehr als 100 Händler buhlten um die Gunst der vielen Kunden, die von Händler zu Händler gingen und immer die eine Frage stellten: "Was kostet das?" Inzwischen wird das meiste telefonisch abgewickelt: Am Morgen darauf ab 2 Uhr kann der Kunde die Bestellung dann abholen.

 In Anzug, Trenchcoat und mit Hut sahen einige Großkunden in den 1950er Jahren eher aus wie Detektive, die Verkäufer und Großhändler in weißen Arbeitskitteln wie Apotheker.

In Anzug, Trenchcoat und mit Hut sahen einige Großkunden in den 1950er Jahren eher aus wie Detektive, die Verkäufer und Großhändler in weißen Arbeitskitteln wie Apotheker.

Foto: Stadtarchiv

Während das Angebot früher vor allem aus dem bestand, was die Felder in Düsseldorf und der Region hergegeben hatten - etwa Radieschen, Kartoffeln, Kopfsalat und Wirsing - gibt es inzwischen fast nichts, was der Großhändler Marleaux nicht weltweit beschaffen kann. "Früher gab es nur drei Sorten Äpfel, und Erdbeeren nicht im Winter. Doch heutzutage will der Kunde eben zu jeder Zeit alles", sagt er und schüttelt leicht den Kopf. Früher habe man sich auf jede Saison und die damit verbundene Ernte gefreut. Heute sei es selbstverständlich, alles auf Abruf zu bekommen. In den 1980ern war an so etwas noch nicht zu denken. Wenn die Ware knapp wurde, etwa weil die Ernte wegen schlechten Wetters mager ausgefallen war, kletterten Einzelhändler sogar über die Mauer an der Ulmenstraße, um sich Obst und Gemüse zu sichern. "Manche organisierten sich einen Großhandelsgewerbeschein, um früher auf das Areal fahren zu dürfen und ihre Einkäufe zu machen", sagt Marleaux. Parkplätze waren hart umkämpft. "Wer zu spät kam, bekam keinen. Wir hatten sogar eine Marktpolizei."

Irgendwann will Detlef Marleaux auch ein Foto von sich an die Wand in seinem Büro hängen. Die Zukunft des Familienbetriebs ist mit Sohn Tobias (27) schon gesichert.

(semi)
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