Interview Kleinere Städte bieten Outlet-Centern die Stirn

Hilden · Jetzt sollen im Bergischen Land gleich drei DOC entstehen. Doch Hilden und Langenfeld sind gelassen und setzen auf ihre Stärken.

So soll das DOC in Remscheid aussehen
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So soll das DOC in Remscheid aussehen

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Foto: McArthurGlenn

Nach Remscheid planen jetzt auch Wuppertal und Solingen Designer Outlet Center (DOC). Allein für das DOC in Remscheid werden jährlich bis zu 1,5 Millionen Kunden aus einem Umfeld von bis zu 90 Fahrminuten vorhergesagt. Damit rechnen die Planer auch mit Besuchern aus Hilden, Haan, Langenfeld und Monheim. Was bedeutet das für Städte aus diesem Einzugsgebiet? Wir fragten zwei Fachleute - den Intersport-Fachhändler Marc Schmidtlein aus Hilden und Langenfelds Citymanager Jan Christoph Zimmermann.

Herr Schmidtlein, waren Sie schon einmal in einem Outlet-Center?

Schmidtlein Ja, ich war letztens in Roermond und habe festgestellt, dass bei uns manche Artikel günstiger sind als da.

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Foto: Blazy, Achim (abz)

Sehen Sie die geplanten Outlet-Center als Bedrohung?

Schmidtlein Ich sehe das nicht so kritisch wie andere. Es ist eine Chance, die eigene Ware und den eigenen Service herauszustellen.

Aber gerade der Sportfachhandel erhält dadurch doch direkte Konkurrenz.

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Foto: Zweibrücken TheStyleOutlets

Schmidtlein Wer auf Sportschuhe von Nike steht, der steht auf die aktuellen Sachen von Nike. In Outlet-Centern werden Farben angeboten, die übrig geblieben sind, viel B-Ware, die gar nicht erst in den regulären Einzelhandel kommt, und manche Hersteller produzieren auch extra Ware für Outlets, die minderwertiger ist als die reguläre Ware. Das ist für uns keine Konkurrenz. Es gibt Menschen, die sparen wollen, aber viele legen auch Wert auf Beratung, Qualität und aktuelle Ware. Ich denke, wir müssen uns erst mal keine Sorgen machen. Aber der Einzelhandel muss sich stets auch weiterentwickeln.

In welche Richtung?

Schmidtlein In den USA habe ich einen neuen Trend kennengelernt, so genannte Comarch Beacons. Das sind Sender, die mit Hilfe von Bluetooth-Signalen Informationen auf Smartphones übertragen. Wer also an einem Geschäft vorbeigeht, bekommt von ihm Mitteilungen auf sein Handy gesendet, wie zum Beispiel Werbung oder Coupons. Ich kann mir vorstellen, dass sich so etwas auch in Deutschland zu einem Trend zu entwickelt.

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Da kommt Ihnen doch die Idee von Stadtmarketing-Manager Volker Hillebrand entgegen, in Hilden flächendeckend W-Lan einzurichten.

Schmidtlein Ja, da darf man nicht lange überlegen, das muss gemacht werden. In Städten wie Hilden ist das Pflicht.

Volker Hillebrand sucht zur Finanzierung dieses Projektes Geldgeber. Wären Sie dabei?

Schmidtlein Ja, wir wären da mit Sicherheit dabei.

Stationäre Einzelhändler versuchen, sich über das Internet eine zweite Vertriebsschiene zu eröffnen. Ist das eine Chance?

Schmidtlein Ich bin da skeptisch. Auch Intersport betreibt einen Internet-Shop, aber eher als Regal-Verlängerung. Der Kunde kann übers Internet eine Reservierungsanfrage starten oder sich bestellte Ware in sein Geschäft liefern lassen. Wir gewinnen viele Kunden dadurch, dass sie sich übers Internet das Falsche bestellt haben. Es ist eben doch besser, die Ware vor Ort anzuprobieren. Der stationäre Einzelhandel ist aus meiner Sicht noch längst nicht totgesagt.

Der Spielwarenhandel Pinocchio mit Standort in Hilden ist in der Insolvenz. Auch er setzte aufs Internet. Macht Ihnen dieser Fall Sorgen oder ist er eine Einzelerscheinung?

Schmidtlein Ich denke, er ist eine Einzelerscheinung. Schließen musste bislang die Niederlassung in Solingen. Die Geschäfte in Ohligs und in Hilden sollen erhalten bleiben. Das ist für mich ein Zeichen: Hilden kann als Standort für den Einzelhandel nicht schlecht sein.

Herr Zimmermann - hat Langenfeld den Preiskampf mit den im Bergischen Land geplanten Outlet-Centern zu fürchten?

Zimmermann Ich glaube nicht. Wer ein Outlet besuchen möchte, macht dies heute schon und gezielt. In unsrer Region lassen sich Ochtrup und Bad Münstereifel, aber noch schneller Roermond kurz hinter der Grenze zu Holland leicht erreichen. Das in Solingen geplante Outlet liegt zwar deutlich näher, wird aber nach meiner Ansicht von seiner Größe her kein wirklicher Magnet sein. Es ist so, als würden wir das Marktkarree umnutzen.

Wäre ein Outlet auch für Langenfeld denkbar?

Zimmermann Nein. Erstens wollen wir keins, denn wäre ein Outlet direkt am Ort, würde der klassische Handel schon leiden. Und zweitens besetzen die bestehenden und geplanten Outlets in der Region aus meiner Sicht den Markt bereits - sowohl für mögliche Mieter als auch für Kunden. So ist das bald zehn Jahre alte Center in Roermond fast so groß wie die Langenfelder Innenstadt.

Die Gesellschaft für Konsumforschung hat festgestellt, dass Mittelstädte bei der Standort-Attraktivität selbst Metropolen übertreffen können. Wie steht Langenfeld in dieser Hinsicht da?

Zimmermann Langenfeld hat bei den einzelhandelsrelevanten Kennziffern hervorragende Werte. Die Kaufkraft ist mit dem Wert 117 top und deutlich über dem Bundesdurchschnitt (100). Der Wert des Durchschnittskassenbons, den die IHK bei ihrer Kunden- und Zufriedenheitsuntersuchung 2013 gemessen hat, lag bei zirka 40 Euro, ein Wert, der bei Vergleichsstudien selten gemessen wird. Unsere Zentralitätsziffer ist auch weiter angestiegen und liegt bei 108, ohne dass der Wert durch ein Möbelhaus wie Ostermann oder Smidt nach oben getrieben wird. Von vielen Filialisten höre ich, dass die Langenfelder Filialen im Konzernvergleich Bestumsätze fahren.

Sie sind ja auch so eine Art Eventmanager für die Stadtmitte: Worauf können sich die Langenfelder in diesem Jahr noch freuen?

Zimmermann Dass wir ein so guter Standort sind, liegt auch an unserem Konzept, zu versuchen, die Menschen auch aus anderen Gründen als dem Einkauf in die Stadt zu locken. Dazu tragen Veranstaltungen wie die Feste im Sommer oder das Weihnachtsdorf mit der Eislaufbahn bei. In diesem Jahr werden wir beides wieder bis nach Neujahr betreiben. Unsere Erfahrungen im Bereich des Eventmarketings helfen uns, auf verändertes Konsumerverhalten zu reagieren. So wächst beim Versorgungseinkauf das Online-Volumen, während Einkaufserlebnisse weiter in der Innenstadt gesucht werden.

In punkto Eislaufbahn macht Monheim Langenfeld Konkurrenz. Droht Kaufkraft verloren zu gehen von Monheimern, die jetzt lieber daheim einkaufen?

Zimmermann Die Monheimer Kollegen wenden für sich jetzt auch Instrumente des Innenstadtmarketings an, das ist für sie sinnvoll. Wie viel Kaufkraft und welches Handelsangebot das ausmacht, müssen wir abwarten. Wir werden unseren Weg weiter gehen. Eines glaube ich sicher: Uns alle wird die Herausforderung der Digitalisierung des Handels betreffen.

ALEXANDRA RÜTTGEN UND THOMAS GUTMANN STELLTEN DIE FRAGEN.

(RP)
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