Rp-Serie Schätze Des Archivs (2) Die älteste Urkunde ist aus dem Jahr 1485

Langenfeld · Im Archiv von St. Gereon werden auch Gerichts- und Messbücher sowie Berichte von Schützenvereinen gesammelt.

 Rudolf Pohlmann (vorne) zeigt eine Urkunde von 1485. Franziska Klonowski, Hans Thielen und Peter Buter komplettieren das Team im Archiv von St. Gereon.

Rudolf Pohlmann (vorne) zeigt eine Urkunde von 1485. Franziska Klonowski, Hans Thielen und Peter Buter komplettieren das Team im Archiv von St. Gereon.

Foto: Ralph Matzerath

MONHEIM "Wie oft werde ich gefragt: Ist das nicht langweilig, diese toten alten Sachen?", erzählt Franziska Klonowski. Ihre Antwort: "Ganz und gar nicht: Ich komme immer wieder gern her!" Auch nach neun Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit im Pfarrarchiv von St. Gereon in Monheim gibt es für die 75-Jährige immer noch etwas zu entdecken. An diesem Tag ist es eine Urkunde von 1485, vielleicht das älteste Archivstück. Darin ist dokumentiert, dass Bernhard van Munster und seine Frau Catharina einen jährlichen Erbzins von drei Gulden an die Schwestern zu St. Reinold in Köln zahlen.

Klonowski betreut das Pfarrarchiv gemeinsam mit Rudolf Pohlmann, Peter Buter und Hans Thielen. Im Moment treffen sich die vier jede Woche, um gemeinsam an Findbüchern zu arbeiten, die noch nicht abgeschlossen sind. In Findbüchern sind die Gegenstände des Archivs verzeichnet und mit Nummern versehen, damit man sie bei Bedarf leicht wiederfindet. Das erste erfasst die Bestände bis 1980; es verzeichnet rund 750 einzelne Stücke. Das dritte, noch nicht abgeschlossene Findbuch, das die Jahre 1960 bis 2010 abdeckt, betrifft gut 1000 Stücke. Das Paradoxon, dass der erheblich kürzere Zeitraum ungleich mehr Material enthält, veranschaulicht deutlich, wie viel mehr Dokumente seit Mitte des 20. Jahrhunderts geschaffen werden. Um etwa eine mittelalterliche Urkunde erstellen zu können, musste man Papier, Tinte und Feder besitzen und schreibkundig sein, weshalb schriftliche Dokumente nur zu wichtigen Vorgängen geschaffen wurden; heute liefern Kopierer und Drucker in kürzester Zeit ganze Papierberge.

Zu den besonderen Schätzen zählt das "Gerichtsboch des Bauherngedings Monhemer Freiheit" mit Protokollen von 1574 bis 1594. Es gehörte zum "großen Hof" an der Hofstraße. Wenn Pferde oder Vieh auf fremde Felder liefen, wurden sie eingefangen, und die Besitzer konnten sie am Gerichtstag gegen Zahlung einer Strafe abholen; das wurde protokolliert. Streng genommen hätte dieses wertvolle Stück mit der Nummer eins damit gar nicht ins erste Findbuch gehört: Das Diözesanarchiv in Köln hat genaue Regeln aufgestellt, was aufgenommen wird. Da das Gerichtsbuch keinen direkten Kirchenbezug hat, hätte es eigentlich nicht verzeichnet werden dürfen - höchstens unter "Sondergut", für das die Archivbetreuer das zweite Findbuch angelegt haben. Dort sind Stücke aufgelistet, auf die die Archivbetreuer nicht verzichten wollten, obwohl sie die strengen Kriterien nicht erfüllen: alte Messbücher etwa oder Berichte über Schützenvereine.

Wenn neues Archivgut hereinkommt, muss es zunächst begutachtet werden. Den ersten Teil dieser Arbeit bringt Pohlmann so auf den Punkt: "Wer die Arbeit eines Archivars übernimmt, ist permanent dem Zwiespalt ausgesetzt: Soll er archivieren oder nicht?" Hier diskutieren die vier ehrenamtlichen Mitglieder oft. Klonowski fragt, "wer sich das einmal ansehen wird". Diese Frage darf für Thielen (71), der als letzter zum Team stieß, keine Rolle spielen: Er sieht seine Aufgabe im Erhalt der Stücke für die Nachwelt. Buter (80) wiederum sieht in der Auswahl schon "eine subjektive Entscheidung". Jedenfalls für die alten, schon erfassten Bestände sind sich indes alle einig: Was einmal aufgenommen worden ist, wird nicht wieder ausgesondert.

Zu den rund 4600 Fotografien erstellt der 84-jährige Pohlmann, der am längsten im Archiv tätig ist, gerade ein viertes Findbuch. Wird etwas aufgenommen, kommt der zweite Teil der Begutachtung: Pohlmann beschreibt, was auf dem Bild zu sehen ist, versucht, Personen zu identifizieren und eine Entstehungszeit anzugeben. Oft ist das eine regelrechte Detektivarbeit: Im Falle des ältesten Bildes etwa, das den Bau des Querschiffs von St. Gereon zeigt, konnte Pohlmann feststellen, wann das Querschiff gebaut wurde, und daraus schließen, dass das Bild 1895 oder 1896 entstanden sein muss. Solch ein Findbuch für Bilder ist bisher eine Rarität für Archive; damit können auch diese Schätze gehoben werden. Indessen fragt Thielen: "Ist nicht das Archiv in seiner Gesamtheit auch ein Schatz?"

(dgn)
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