Langenfeld Die A 3 wird 80

Langenfeld · Kräuterpädagogin Marianne Radtke schätzt die gute Anbindung durch die Autobahnen. "Das sind Lebensadern."

 Marianne Radtke lebt seit 1985 mit der A3. Sie verläuft direkt an ihrer Grundstücksgrenze.

Marianne Radtke lebt seit 1985 mit der A3. Sie verläuft direkt an ihrer Grundstücksgrenze.

Foto: RALPH MATZERATH

Wer auf dem Natursteinhof Radtke in Reusrath Ruhe erwartet hat, liegt falsch. Das monotone und nicht gerade leise Brummen der Fahrzeuge, die über die A 3 fahren, summt auch im letzten Winkel des etwa 10.000 Quadratmeter großen Anwesens an der Grenze zu Leichlingen. Marianne Radtke (63), die den Hof seit 1985 ihr Eigen nennt, stört das nicht. "Meine Ohren schalten diese Frequenz inzwischen aus", sagt sie und lebt in Frieden mit der Autobahn 3, die in diesem Jahr 80 Jahre alt wird.

 So ruhig ging es auf der Autobahn 3 in Höhe von Langenfeld zu. Nur wenige Autos waren unterwegs. Die Fahrbahn war noch nicht asphaltiert, sondern bestand aus Betonplatten.

So ruhig ging es auf der Autobahn 3 in Höhe von Langenfeld zu. Nur wenige Autos waren unterwegs. Die Fahrbahn war noch nicht asphaltiert, sondern bestand aus Betonplatten.

Foto: Autobahngeschichte.de

Beim Erwerb des Hofs, der aus dem Jahr 1894/95 stammt, haben ihr die damaligen Besitzer, Maria (geborene Callenberg) und Karl Evertz ein Fotoalbum überlassen, das Eindrücke von der "Reichsautobahn" festgehalten hat. Im Mai 1936 wurde die 25 Kilometer lange Verbindungsstraße zwischen Köln und Düsseldorf von Reichs-Propagandaminister Joseph Goebbels persönlich dem Verkehr übergeben.

Anfangs war die Autobahn noch nicht so stark befahren. Waren es in den 30er Jahren gut 4500 Fahrzeuge im Tagesdurchschnitt, stieg die Zahl auf rund 35.000 in den frühen 1960er Jahren. Zum Vergleich: 2014 waren es 175.000 Kfz. "Die Familie Evertz bot ihre Waren vom Hof direkt an der Autobahn an", gibt Radtke eine der vielen Erzählungen weiter, die um den alten Hof ranken. "Die Autofahrer haben angehalten und Frisches vom Feld gekauft", so die Kräuterpädagogin. So habe die Familie Evertz sich zusätzliche Einkünfte verschaffen können. Das sei heute undenkbar.

Einmal, während des Zweiten Weltkriegs, so erzählt sie weiter, soll es einen Unfall gegeben haben. Ein Transportfahrzeug mit Butter war verunglückt. Direkt auf dem Autobahnabschnitt vor dem Hof. Die Bewohner beschlossen, das Auto und seine Ladung am anderen Morgen zu bergen. "Doch als sie dorthin kamen, war das Fahrzeug leer", so Radtke. "Klar, die Leute hatten Hunger. Im Krieg gab es nicht viel." Allerdings hätte halb Reusrath und halb Opladen anderntags an Durchfällen gelitten angesichts der ungewohnten, fetten Speise.

1982, kurz bevor Radtke das Grundstück erworben hat, ist die A 3 erweitert worden und die Familie Evertz musste dafür Land abgeben. Das sieht Radtke nun erneut auf sich zukommen. "Wenn der Ausbau auf vier Spuren beginnt, wird man vermutlich Reusrather Grundstücke benötigen", sagt sie. Denn auf der anderen Seite - auf Leichlinger Gebiet - liege ein Naturschutzgebiet. Radtke liebt ihre kleine Insel zwischen Autobahn und Bahnstrecke. "Das ist ein Paradies mit Lärmfehler", sagt Radtke, die auf ihrem Hof Steine, Pflanzen und Kräuter anbietet. Insektenhotels stellt sie aus, nutzt sie aber auch selbst. Von Abgasproblemen sei auf ihrem Hof nichts zu merken. "Die Gase steigen hoch und gelangen hunderte Meter entfernt wieder auf die Erde", sieht sie einen Vorteil an ihrer Lage direkt an einer der meist befahrenen Autobahnen NRWs.

Radtke profitiert von der guten Position zwischen A 59, A 542 und A3. "Autobahnen sind Lebensadern", sagt sie. Auch wenn der Lärm oft störe. Sie begrüßt, dass Langenfeld so gut angebunden ist.

Auch wenn die Nationalsozialisten sich den Bau der Autobahnen zu Propaganda-Zwecken gern auf die Fahne geschrieben haben: Die Planung eines Straßennetzes begann schon in den 1920er Jahren - lange vor der Machtergreifung. So ist es im Bericht der Arbeitsgemeinschaft Autobahnen nachzulesen. Die A 3 hieß übrigens bei ihrer Entstehung noch E 5.

(RP)
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