Monheim/Langenfeld Der Weckmann braucht eine Tonpfeife

Monheim/Langenfeld · Die klassischen Tonpfeifen bekommen Konkurrenz von bunten Plastikpfeifen. Darf das sein?

große Bäckereikette ist vorgeprescht und versieht die in diesen Tagen so beliebten Weckmänner wieder mit glänzenden Kunststoffpfeifen. Und das nicht etwa nur in dezentem Weiß sondern auch in rot und grün. Geht das? Kann man die traditionelle Tonpfeife austauschen, ohne dass die Kundschaft Sturm läuft? Bei Facebook zumindest wird das Thema heftig diskutiert und auch Roland Schüren, Inhaber der gleichnamigen Bäckereikette, kennt das Thema.

"In unserer Branche kenn wir das Thema schon länger", sagt Schüren. Aber für ihn kommt das einem Bruch mit den Traditionen gleich. "Eine Plastikpfeife passt nicht zu diesem klassischen Gebäckstück", findet er. Deshalb hat er für diese Saison auch wieder 24 000 Pfeifen bei einem Großhändler bestellt. Sie kosten zwischen zehn und 15 Cent pro Stück. "Und sie darf auf keine Fall fehlen", sagt er. "Viele Elter wollen nicht, dass ihre Kinder Weckmänner mit Pfeife bekommen. Sie fürchten, dass sie dadurch zum Rauchen verführt würden", berichtet er. Diese Gefahr sieht er nicht. "Eine Pfeife ist ein schönes Erinnerungsstück an die Martinszeit. Man kann sie in der Tasche tragen, verlegen und wiederfinden. Irgendwann ist sie dann kaputt. Und dann ist es auch gut." Auch für Bäcker Markus Busch ist die Tonpfeife ein unbedingtes Muss. "Schließlich symbolisiert sie den Bischofsstab", erläutert der Bäcker, der das Unternehmen in der vierten Generation führt. Er bietet Weckmänner in allen Varianten an, kleine, große und riesige. Bis auf die kleinen haben alle ein Pfeife. Der Klassiker wiegt bei ihm 200 Gramm und kostet 2,10 Euro. "Alle Stutenkerle werden dort noch handgeformt.

Fragt man die Kunden in der Fußgängerzone, ist die klassische Pfeife ganz eindeutig das beliebtere Modell. Erika Welticke (77) meint: "Eine Plastikpfeife passt nicht. Es gehört eine traditionell weiße Tonpfeife zum Weckmann." Doch es gibt auch Menschen, denen das Material gleichgültig ist. Isabell Grass (19) zum Beispiel sieht die Sache ganz pragmatisch: "Die Hauptsache ist doch, dass der Weckmann schmeckt und von guter Qualität ist."

Besonders ältere Monheimer sprechen sich für die " gute alte Tonpfeife" aus, denn sie hängt mit so manchen Erinnerungen zusammen. Zum Beispiel damit, einst Tabak von den Eltern geklaut zu haben, um ihn genüsslich in Weckmanns Tonpfeife zu schmauchen. Das geht mit einer Plastikpfeife natürlich nicht.

Was macht insgesamt den Reiz des Weckmannes aus? Natürlich der Geschmack, aber auch das Aussehen und das Wissen darum, dass, wenn es Weckmänner gibt, auch die Weihnachtszeit bald beginnt. Das lässt die Sympathie für den Stutenmann steigen. Aber die Weckmänner der großen Bäckereikette sind Massenware, jetzt auch noch mit grellbuntem Kunststoff im Arm. Und Plastik ist etwas Künstliches, das man nicht unbedingt mit Lebensmitteln in Verbindung bringen möchte.

In einigen Regionen Deutschlands stellt sich die Pfeifen-Frage aber gar nicht, denn dort wird der Weckmann mit ausgestreckten Armen dargestellt und hält gar nichts in den Händen. Welchen Weckmann man letztendlich wählt, bleibt dem individuellen Geschmack überlassen. Einmal kurz darüber nachzudenken, welche Esskultur gelebt werden soll, macht die Entscheidung vielleicht leichter.

Wie auch immer man sich entscheidet: Zu St. Martin oder spätestens zu Nikolaus gibt es wieder einen Weckmann. Darüber gibt es gar nichts zu diskutieren. Höchstens über die Pfeife.

(RP)
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