Kommentar Das Erzbistum prüft

Düsseldorf · Ganz dicke Bretter gebohrt

Ein bisschen wie bei Obama: Auf diesen augenzwinkernden Nenner brachte eine Bürgerin im bis auf den letzten Platz besetzten Ratssaal den hart errungenen Sportstätten-Sieg des seit fünf Monaten regierenden Bürgermeisters. Was die Zuschauerin meinte: Auch Obama setzte zu Wochenbeginn mit seiner Reform der Krankenversicherung eine bis zur letzten Sekunde erbittert umkämpfte Grundsatzentscheidung knapp durch. Völlig offen ist jedoch, ob er mittelfristig viel Freude am Wunden hinterlassenden Abstimmungssieg haben wird.

Tatsächlich hat Zimmermanns Sieg zwei Seiten. Zum einen hat das mit 27 Jahren jüngste Stadtoberhaupt Nordrhein-Westfalens mit dem Votum unverzichtbare Tugenden eines die Geschicke der Stadt lenkenden Ideengebers bewiesen: Er hat sich durchgesetzt. Er hat bewiesen, dass er in unzähligen Gesprächen auch ganz, ganz dicke Bretter bohren kann. Und er hat der Stadt ein Konzept beschert, das den inzwischen unverantwortlichen Stillstand bei der Sanierung der maroden Sportanlagen aufhebt.

Auf der anderen Seite hat Zimmermann hoch gepokert. Sein Konzept spaltet. Es muss gegen massive, wahrscheinlich an Dynamik gewinnende Widerstände erstritten werden. Überdies hat er nach Einschätzung nicht weniger Peto-Sympathisanten ein Wahl-Versprechen nicht gehalten.

Unter dem Strich ist sein Risiko, doch noch einen Flop zu produzieren, aber eher gering. Weist die Stadt ein hinreichendes öffentliches Interesse nach (was kein Problem sein dürfte), könnte sie den Erwerb des Kirchengrundes – gegen Entschädigung – sogar erzwingen. Und wenn nicht, blieben immer noch die Optionen, Gelände zu tauschen oder ausnahmsweise doch ein Erbpacht-Modelle zu akzeptieren. Die Gegner mögen es drehen und wenden wie sie wollen: Zehn Jahre hätten sie eine – wenn auch knappe – Mehrheit für den Kielsgraben gehabt. Doch diese Chance haben sie nicht genutzt. JÖRG JANSSEN

Monheim (jj) Im RP-Gespräch bestätigte der Vize-Vorsitzende des Kirchenvorstandes von St. Gereon, Dr. Dietrich Ruchay, der Stadt signalisiert zu haben, sich einen zeitnahen Verkauf des Areals "prinzipiell vorstellen" zu können. Einzelheiten würden zurzeit im zuständigen Kölner Generalvikariat überprüft. "Die dortigen Experten werden unter anderem abwägen, ob die Stadt ein öffentliches Interesse mit Aussicht auf Erfolg verkünden kann und ob im konkreten Fall ausnahmsweise ein regulärer Verkauf statt der an sich bevorzugten Lösungen ,Erbpacht' oder ,Grundstückstausch' in Frage kommt." Ruchay bestätigte zudem die Existenz eines anderen Bieters für das Areal an der Wolfhagener Straße. Freilich sagte er : "Der hier gebotene Preis liegt sehr nah am städtischen Angebot und könnte leicht nochmals überboten werden." Für den – aus Sicht von Experten wahrscheinlichen – Fall eines hinreichenden öffentlichen Interesses hält Ruchay die Pachtverpflichtungen für nachrangig.

"In diesem Fall wäre sogar eine rasche Enteignung gegen Entschädigung möglich. Ganz unabhängig davon, was in bestimmten Sonderkündigungsklauseln steht, kann ich mir nicht vorstellen, dass Pachtverpflichtungen in diesem Fall schwerer wiegen würden als Eigentumsrechte." Im Übrigen könnte der Bürgermeister notfalls den Trumpf "Tausch von Stadt- gegen Kirchen-Land" aus dem Ärmel ziehen oder ausnahmsweise eine Erbpacht auf 99 Jahre statt des Vollerwerbs akzeptieren. Für beide Varianten existiere in Köln grundsätzlich "große Offenheit". Sein Resümee: "Ich glaube der Bürgermeister hat keinen Grund nervös zu werden."

(RP)
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