Klassik trifft Jazz Concerto spielt „weiblichen Beethoven“

Langenfeld · Orchesterchefin Susanne Pütz hat zum Konzert am Weltfrauentag eine Sinfonie von Emilie Mayer ausgegraben.

 Das Concerto Langenfeld mit Leiterin Susanne Pütz (Bildmitte, mit Querflöte) hat sich für sein Konzert Werke von Emilie Mayer vorgenommen.

Das Concerto Langenfeld mit Leiterin Susanne Pütz (Bildmitte, mit Querflöte) hat sich für sein Konzert Werke von Emilie Mayer vorgenommen.

Foto: Matzerath, Ralph (rm)/Matzerath, Ralph (rm-)

Dass das Konzert „Klassik trifft Jazz“ des Sinfonieorchesters Concerto Langenfeld ausgerechnet auf den Weltfrauentag am 8. März fällt, ist Zufall. Dass an diesem Vormittag außer der Jazz-Combo „Echoes of Swing“ eine der wenigen Komponistinnen den klassischen Part des musikalischen Geschehens prägt, ist gewollt und extra von Orchesterchefin Susanne Pütz und dem Dirigenten Felix Krupa-Koltun so ausgesucht worden. „Komponistinnen spielen in der Musikgeschichte naturgemäß keine große Rolle. Es sei denn als attraktive Solistinnen“, sagt Susanne Pütz.

Sie selbst spielt übrigens Konzertflöte, ist seit 1976 Mitglied im Concerto Langenfeld und seit 2005 dessen engagierte Vorsitzende, die immer auf der Suche nach einem Highlight für die großen öffentlichen Auftritte ist. „Am Weltfrauentag will ich unbedingt die Komposition einer Frau spielen“, erzählt sie. Die Wahl fiel auf die Apothekertochter Emilie Mayer, die von 1812 bis 1883 lebte und der Insider ein größeres oder mindestens ebenso großes Talent wie Beethoven zuschreiben. „Emilie Mayer war ein Freigeist und hat sich um die Konventionen ihrer Zeit nicht geschert“, sagt Pütz. „Also genau das richtige Vorbild für den Weltfrauentag. Statt ein einfaches Lied zu komponieren, fing sie gleich mit großer Besetzung an.“

Im Laufe ihres Lebens schuf die unverheiratete Musikerin acht Sinfonien, sieben Ouvertüren, ein Klavierkonzert, drei Streichquintette, neun Streichquartette, zwei Klavierquartette, acht Klaviertrios, ein Dutzend Sonaten sowie zahlreiche Klavierwerke und Lieder. „Vor allem Sinfonien mit großer Orchesterbesetzung sprengten im 19. Jahrhundert meist den finanziellen Rahmen, der Frauen zur Verfügung stand“, berichtet Susanne Pütz. „Es fanden sich für Komponistinnen keine Geldgeber.“ Emilie Mayer hatte das Glück, auf ein nicht unbeträchtliches Erbe zurückgreifen zu können, und so beschloss sie mit 30 Jahren, Komponistin zu werden.

Dabei hatte sie keine Scheu vor eher männlichen Gattungen wie Sinfonie und Sonate, gab sich nicht typisch weiblich, sanft und zurückhaltend, sondern durchaus auch kräftig und voller Pathos. „Und eigentlich viel moderner und gewagter als Beethoven“, erzählt Pütz. „Sie war ein unfassbares Genie“, pflichtet Dirigent Krupa-Koltun bei, „mindestens genau so großartig wie Beethoven.“ Zu ihrer Zeit war sie eine Größe im Berliner Musikleben und wurde als weiblicher Beethoven gefeiert. Dennoch geriet sie nach ihrem Tod schnell in Vergessenheit. Nur ein Teil ihrer Werke wurde überhaupt veröffentlicht.

Koltun ist es letztlich zu verdanken, dass das Concerto Langenfeld überhaupt im Besitz der Noten von Emilie Mayer ist. Es handelt sich um den beschwingten dritten Satz und Scherzo aus der dritten Sinfonie. Allerdings gibt es in Köln das Frauen-Orchester-Projekt Mary Ellen, das nur Komponistinnen spielt. Krupa-Koltun, der in Düsseldorf Orchesterleitung studiert, pflegt die Kontakte und fragte nach. So sind denn die 40 Musiker des Concerto Langenfeld im Besitz des selten gespielten, aber dennoch fantastischen Werkes, das sie mit großem Vergnügen derzeit im CBT-Haus an der Eichenfeldstraße proben. Der Vorsitzenden des Orchesters ist die Freude über das ungewöhnliche Fundstück anzumerken.

Das Orchester wurde 1948 als Städtischer Musikverein Langenfeld gegründet. 1997 vereinigte es sich mit dem Streichorchester der Musikschule. Seit 2006 trägt es den Namen Concerto Langenfeld. 2018 feierte es das 70-jährige Bestehen. Der älteste Musiker ist Christian Doll (86). Der Cellist ist seit 40 Jahren dabei. Und genau wie für Susanne Pütz macht die Musik für ihn das Leben erst richtig schön.

In dem Langenfelder Orchester finden Schüler und Lehrer, Studierende und Rentner, Kaufleute, Künstler, Selbstständige, Beamte, Hausfrauen und viele andere Berufe zusammen. In der Vergangenheit gesellten sich zum festen Orchesterkern immer wieder auch Hobby-Musiker, die an den Proben und Konzerten im Rahmen eines Projektes auf Zeit teilnahmen.

Immer wieder gewinnt das Concerto Langenfeld engagierte junge Dirigenten von Hochschulen, die es eine Zeitlang begleiten.

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