Langenfeld "Bummel-Baustelle" empört Händler

Langenfeld · Ladeninhaber an der B 229 in Wiescheid leiden unter Umsatzeinbrüchen und fordern mehr Tempo bei den Bauarbeiten.

 Elvire Zelter, die den Kiosk an der Elberfelder Straße betreibt, hat nach eigenem Bekunden manchmal keine drei Leute pro Stunde zu bedienen. Sie beklagt bis zu 50 Prozent Umsatzrückgang, seit die Auffahrt zur A 3 gesperrt ist.

Elvire Zelter, die den Kiosk an der Elberfelder Straße betreibt, hat nach eigenem Bekunden manchmal keine drei Leute pro Stunde zu bedienen. Sie beklagt bis zu 50 Prozent Umsatzrückgang, seit die Auffahrt zur A 3 gesperrt ist.

Foto: MATZERATH

Uwe Othengrafen sieht ein bisschen so aus wie Guido Cantz. Und ist genauso wenig auf den Mund gefallen wie der kölsche Entertainer. Zum Lachen zumute ist dem Imbissbetreiber an der B 229 in Wiescheid zurzeit aber nicht. Seit die A 3-Anschlussstelle umbaubedingt komplett gesperrt und der sonst dichte Verkehrsstrom oberhalb der Baustelle zu einem Rinnsal verkümmert ist - seit immerhin drei Monaten also -, ist sein Frühstücksgeschäft drastisch eingebrochen. "70 Prozent derjenigen, die sich sonst bei mir mit Leberkäse, Rührei und anderem stärken, bleiben jetzt weg, weil sie andere Routen nehmen", seufzt der 48-Jährige.

Fährt der Blondschopf ein paar hundert Meter in Richtung Langenfeld, packt ihn die Wut. "Wenn auf der Baustelle an der Autobahnauffahrt fünf Mann arbeiten, dann ist das schon viel. Freitags ist um spätestens 14 Uhr Feierabend. Warum wird hier nicht in zwei Schichten sechs Tage die Woche reingehauen? Das ist doch eine Bundesstraße, eine absolute Hauptverkehrsader!"

Der "Curry 88"-Besitzer steht nicht allein mit seinem Unmut. Kioskinhaberin Elvire Zelter, bei der sich sonst die Kunden die Klinke in die Hand geben, hat nach eigenem Bekunden manchmal keine drei Leute pro Stunde zu bedienen. Das ausführende Bauunternehmen ziehe regelmäßig Mitarbeiter von der B 229 ab, um rentablere Baustellen fertigzustellen, vermutet sie. Dieser Verdacht macht die "50 Prozent Umsatzeinbußen" nicht gerade erträglicher: "Das Mindeste wäre, dass die Verantwortlichen von Stadt und Land mal das Gespräch mit uns suchen. Aber es kommt ja keiner."

Andrea Jahnke von der Bäckerei Paaß hat bereits eine von vier Mitarbeiterinnen entlassen und bei zweien die Stundenzahl kürzen müssen: "Wir leben vor allem vom Verkauf belegter Brötchen und sind deshalb auf Pendler angewiesen. Wenn es seit der Sperrung schlecht läuft, kommen gerade mal noch 30 Prozent. Und meistens läuft es schlecht", sagt die 52-Jährige. Inzwischen habe sie schon 6000 Euro aus Rücklagen in den Laden schießen müssen, um ihn zu retten.

"An die Substanz" gehen die Umsatzeinbrüche auch bei Josef Vukan (62) von der Shell-Tankstelle gegenüber. Zwölf Mitarbeiter hat der Betrieb inklusive Kfz-Werkstatt und Abschleppzentrale. "Eine Frechheit ist das, wie kümmerlich da unten auf der Baustelle gearbeitet wird", sagt Vukan und zeigt auf seinen Computerbildschirm mit der vom Landesbetrieb Straßen NRW gefütterten Stau-Infoseite www.autobahn.nrw.de. "Schauen Sie mal hier!" An einem roten Warnkreis ist der Hinweis hinterlegt: "Die AS Solingen (20) ist in beiden FR komplett gesperrt. Voraussichtlich bis 31.01.2015, 15:00 Uhr".

Bis 31. Januar? Komplett gesperrt? Ist nicht offiziell eine Teil-Entsperrung "Anfang September" und die Fertigstellung bis Mitte Dezember vorgesehen? "Ja, so ist es. Und dabei bleibt es auch nach meinem aktuellen Kenntnisstand", sagt Dietmar Giesen, zuständiger Projektleiter von Straßen NRW. Die Info auf der Internetseite könne er sich selbst nicht erklären: "Vielleicht sind damit Arbeiten auf der Autobahn gemeint."

Und der Eindruck, dass auf der Baustelle gebummelt wird? "Wir wünschen uns auch, dass es immer unter Hochdruck vorangeht. Aber das klappt wegen der Ausschreibungsregeln und auch in der Praxis nicht", sagt Giesen und verweist auf 20 unterschiedliche Gewerke, die beteiligt sind. "Die können meist nur nacheinander und nicht gleichzeitig arbeiten, zumal wir hier keine Vollsperrung der betroffenen Durchgangsstraße haben." Im übrigen werde Straßenbau weniger mit "Manpower" als mit Maschinen betrieben. "Wir haben mit der ausführenden Baufirma einen Datumsvertrag. Im Falle von Verzögerungen wird sie ihr Personal aufstocken müssen", versichert Giesen.

Verzögerungen, räumt der Mann vom Landesbetrieb ein, habe es bereits gegeben - "Probleme bei der Verlegung von Versorgungsleitungen." Die zuständigen Stadtwerke Langenfeld und das Verbandswasserwerk Langenfeld-Monheim wollen sich diesen Schuh indes nicht anziehen: "Wir stehen mit unseren Rohren bereit. Doch was können wir dafür, wenn die Baugruben nicht termin- oder fachgerecht ausgehoben werden", sagt Kersten Kerl, Geschäftsführer beider Kommunalunternehmen. Die Stadtwerke hätten selbst ein Interesse an raschen Baufortschritten: "Seitdem der A 3-Anschluss gesperrt ist, verkaufen wir an der Aral-Tankstelle nur noch halb so viel Erdgas wie sonst üblich."

(RP)
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