Monheim „Bürgermeister ist keine zweite Wahl“

Düsseldorf · Interview SPD-Chef Jens Geyer über Kandidaten-Fragen, CO-Pipeline und Gefahrenpotenziale von links.

Offene Kandidatenfrage bei der CDU, eigener Schwenk beim Thema CO-Pipeline, drohende Stimmeneinbußen bei Gründung einer Monheimer Linkspartei: So lauten einige der Denksportaufgaben, die die Sozialdemokraten in den kommenden Monaten auf Trab halten werden. Über Herausforderungen und Perspektiven sprach RP-Redakteur Jörg Janßen mit Stadt-Parteichef Jens Geyer.

Die CDU steckt in der Klemme. Offenbar wird erst im kommenden Jahr offiziell bekannt gemacht, ob Amtsinhaber Thomas Dünchheim der Stadt tatsächlich erhalten bleibt. Sitzen Sie als größte Oppositionspartei nun grinsend in der Ecke und reiben sich die Hände?

Geyer Das Ganze hat einen komischen Beigeschmack. Die Reputation des Amtsinhabers hat weitere gehörige Kratzer abbekommen. Auf mich – und ich bin sicher auch auf viele Bürger – wirkt es so, als ob Dünchheim nach dem Motto handelt: Wenn ich doch keine wirklich passende Stelle in einer Top-Kanzlei finde, dann bleib’ ich halt Bürgermeister von Monheim am Rhein. Damit erscheint der Job des Bürgermeisters plötzlich wie eine zweite Wahl. Eine fatale Botschaft.

Nochmal gefragt: Steigen dadurch die Chancen ihrer Partei?

Geyer Ich bin hier vorsichtig. Das Ganze könnte auch ein wohl inszeniertes taktisches Spielchen sein mit einem Kernziel: Dass wir möglichst lange nicht wissen, auf wen wir uns im Wahlkampf als Gegner eigentlich einzustellen haben. Aber da bleiben wir gelassen: Monatelang nicht Farbe zu bekennen, bedeutet für die andere Seite auf jeden Fall einen weit größeren Schaden.

Mit seiner Einzel-Kandidatur „aus dem Amt heraus“ war Thomas Dünchheim 2004 sehr erfolgreich. Er holte zwei Drittel aller Stimmen. Da sah Ursula Schlößer mit rund 30 Prozent richtig blass aus. Warum schicken Sie 2009 nicht ihre bundesweit bekannte, als Sympathieträgerin geltende ehemalige Bundestagsabgeordnete Lilo Friedrich ins Rennen?

Geyer Ursula Schlößer ist eine kompetente und sehr fähige Herausforderin. Aber ich bin sicher, dass sie die künftige Bürgermeisterin von Monheim sein wird. Was Lilo Friedrich betrifft: Im entscheidenden Moment hat sie nicht die Hand gehoben. Wäre sie offensiv aufgetreten, nach dem Motto: Stellt mich auf. Ich will und werde Dünchheim schlagen, hätte sie möglicherweise auch Chancen gehabt.

Langsam robben Sie sich bei einem der wichtigsten kommunalpolitischen Themen, der CO-Pipeline, an die breite Front der lokalen Kritiker heran. Eine späte Kehrtwende, die ohne Peer Steinbrück wohl kaum denkbar wäre...

Geyer Stop! Die Monheimer Sozialdemokraten waren nie unkritisch gegenüber der Pipeline. Wir haben uns allerdings mit Dünchheims emotionalem Stil und dem von ihm gesetzten Begriff einer „Todeszone“ nie anfreunden können. Sachliche Debatte statt Hoheit über den Stammtischen: Das war unser Ziel.

Aber eine „sichere“ Leitung hatten sie bislang befürwortet. Warum?

Geyer Unter unseren Wählern und Mitgliedern sind viele Menschen, die bei Henkel, Bayer oder Schwarz Pharma arbeiten. Natürlich sind die daran interessiert, dass ihre Arbeitsplätze an einem nach wie vor intakten und nachgefragten Chemie-Standort NRW erhalten bleiben.

Und nach dem Schwenk ihres künftigen Wahlkreiskandidaten Steinbrück gilt das plötzlich nicht mehr?

Geyer Es gilt. Aber die Zweifel am Projekt werden größer. Wir sind lernfähig.

Fürchten Sie die Gründung einer örtlichen Linkspartei?

Geyer Sollte es tatsächlich soweit kommen, wird unsere Position nicht einfacher. Denn von der Tendenz her gilt: Das Wählerpotential wäre im wesentlichen Fleisch von unserem Fleisch.

(RP)
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