Stadtteil-Porträt (Folge 4) Baumberg: Vereine stärken die Gemeinschaft

Baumberg · Die Baumberger sind stolz auf ihr Vereinsleben. Der nördliche Monheimer Ortsteil wird jetzt zum dritten Mal in Richtung Osten erweitert.

 Vereinsaktive (v.l.): Dorothea und Helmut Heymann, Theo Wörtler, Henrik Vieth, Gaby Wannhoff, Markus Gronauer, Peter Wannhoff und Sinje Neukirchen.

Vereinsaktive (v.l.): Dorothea und Helmut Heymann, Theo Wörtler, Henrik Vieth, Gaby Wannhoff, Markus Gronauer, Peter Wannhoff und Sinje Neukirchen.

Foto: rm-

Baumberg "Und dann ist man in Baumberg, dann riecht es nach Mist und nach Wasser . . . Baumberg hat eine Kirche, 2300 Einwohner, acht Wirtschaften, viel Bauernschaften, eine Aalfischerei . . . Das ist gerade das, was der Großstädter sucht: Ruhe, Bescheidenheit, Naturverbundenheit, Sauberkeit und eine Umgegend, die man lieben muss . . ." Dies schrieb ein Reporter des Solinger Tageblatts im Jahre 1954 über das dörfliche Baumberg, das damals wegen seiner idyllischen Rheinlage ein beliebtes Ausflugziel für die bergische Bevölkerung war. Die Erholungssuchenden wurden dabei von der gerade eingerichteten Buslinie bis zur Fährstelle an der Klappertorstraße befördert, die Fähre verkehrte bis 1957.

Im Grunde sind das die Attribute, die Baumberg heute immer noch lebenswert machen: "Es liegt zwischen den Großstädten, man ist dank der Autobahn schnell überall, hat aber hier seine Ruhe, mit dem Rhein und der Aue direkt vor der Tür", erklärt Markus Gronauer, zufällig in München geboren, aber dennoch passionierter Boomberger. Das Wesen Baumbergs mache aber das intensive Vereinsleben aus, betont Helmut Heymann, Vorsitzender des Baumberger Allgemeinen Bürgervereins BAB, der quasi als Dachverband fungiert und einmal im Jahr die gut 29 Vereine zusammentrommelt, damit sie ihre Termine aufeinander abstimmen und sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Die Integration aller Bürger hatte sich der BAB bei seiner Gründung im Jahre 1961 auf die Fahnen geschrieben. Folglich beschreibt Heymann die Struktur des Ortes anhand zweier Halbkreise, die sich um den alten Ortskern legen und damit die Nähe oder eben die Entfernung zur dörflichen Gemeinschaft markieren.

Der alte Kern zwischen Rhein und Hauptstraße — das ist das alte Dorf, das bis in die 20er Jahre von Rheinfischerei, Landwirtschaft, Ziegenzucht und Korbflechterei geprägt war. Es ist die Keimzelle vieler Vereine, von den Traditionsvereinen, wie Schützen, Chören, Martinskomitee, bis zu den Sport- und den teilweise noch jungen Karnevalsvereinen. Der erste äußere Ring, das ist das Philosophenviertel; das war seinerzeit das erste Baumberg-Ost: 1962 baute die Benrather Demag Wohnungen für ihre Werksangehörigen. Ursprünglich sollten die Straßen in dem Viertel industriell angehauchte Namen erhalten, wie etwa Kranstraße, was beim BAB helles Entsetzen hervorrief. Auch mit dem Geschosswohnungsbau, der da aufs freie Feld geklotzt wurde, fremdelten die Dörfler zunächst. Mitte der 60er Jahre baute die Neue Heimat eine Siedlung am Holzweg, die aber — anders als das Berliner Viertel — mehr durch bungalowartige Einfamilienhäuser geprägt war. Das Konzept stammte von dem Frankfurter Stadtplaner Ernst May. "Die Menschen, die in diesen Vierteln wohnen, nehmen an den Festen teil und haben auch eine Meinung zu den Themen, die Baumberg betreffen", sagt Heymann. Anders sehe es im Mitte der 80er entstandenen Österreich-Viertel aus, das zunächst Baumberg Ost-Ost genannt wurde. "Für die Menschen im äußeren Ring ist Baumberg mehr eine Schlafstadt", sagt Heymann. Da gelte es vor allem unter den vielen Familien noch einige Potenziale zu heben. Eine Herausforderung werde demnächst die Einbeziehung der Bewohner von Baumberg Tripel-Ost, damit es kein Fernost wird.

Im Verhältnis zum "reichen Bräutigam" Monheim, mit dem sich das Dorf im Jahre 1951 wegen des eigenen geringen Gewerbsteueraufkommens einlassen musste, nimmt Baumberg heute eine selbstbewusste Haltung ein. "Die Rivalität zwischen den Ortsteilen ist eigentlich mehr ein Spiel", sagt Heymann, der selber gerne spaßeshalber auf den "Schandfleck" in seiner Biographie verweist, den Aufenthalt im Monheimer St.-Josef-Krankenhaus anlässlich seiner Geburt. So drehe der BAB gerade einen eigenen Imagefilm über Baumberg, der anders als der offizielle Film der Stadt "Ich bin Monheim" weniger das Individuelle herausstellte als die Gemeinschaft, das Vereinsleben. Die Kölner Produktionsfirma drehe über ein Jahr lang, um alle wichtigen Veranstaltungen, wie den Veedelszoch, die Sonnwendfeier, die Sängerkirmes oder den Martinsumzug, mit Bildern einfangen zu können. Im Frühjahr 2014 ist er fertig. Die zweite Filmproduktion heißt BAB-TV und ist eine Kooperation zwischen dem Bürgerverein und den örtlichen Unternehmen, mit denen er wirtschaftlich verbandelt ist.

"Benachteiligt fühlen wir uns nicht — aber Monheim denkt das offenbar", sagt Heyman schmunzelnd. Denn das könnte das Ergebnis seiner intensiven Lobbyarbeit sein. "Ich kommunziere rund um die Uhr", versichert er. Wenn er wissen will, wo die Menschen der Schuh drückt, geht er in die Alte Post, die Nachrichtenbörse schlechthin. "Hier in Baumberg setzt man sich einfach an einem Tisch zusammen, wenn ein Problem aufkommt: Wir allein hätten längst eine Stadthalle", sagt Markus Gronauer. Ein gutes Beispiel dafür ist die Initiative, das Bürgerhaus neu zu bestuhlen. Auch die Gestaltung des Dorfplatzes im Nachgang zur 700-Jahrfeier 1996 ist auf eine Initiative des BAB zurückzuführen.

Gleichwohl gebe es auch kleine Probleme: die Einzelhandelssituation. Die Hauptstraße, die einmal das dörfliche Leben geprägt hat, siecht dahin. Und daran wird sich in der Substanz nicht viel ändern, glaubt Heymann: "Es gibt zu wenig Parkplätze, das Angebot ist uninteressant, zu dienstleistungslastig." Und den Durchgangsverkehr müsse man als gegeben hinnehmen. Die geplante Umgestaltung könne daher lediglich der Kosmetik dienen. Auch Gronauer sieht die Lage realistisch. Letztlich beeinflusse auch die Nachfrage den Markt und die meisten Baumberger scheinen sich damit zufrieden zu geben, sich vor Ort mit den Dingen des täglichen Bedarfs versorgen zu können. "Alles andere kaufen sie anderswo."

Ein weiteres Problem seien die immensen Leerstände im 1969 eröffneten Einkaufszentrum am Holzweg. Heymann glaubt, dass von den vier Einkaufszentren Hauptstraße mit Netto und Penny, Holzweg mit Kaiser's, dem Kaufpark und dem neuen Edeka-Markt langfristig nur zwei übrigbleiben werden. "Dann sollte man die verbliebenen aber vernünftig ausbauen", fordert er. Auch CDU-Fraktionschef Gronauer rechnet damit, dass der neue Lebensmittelmarkt entweder aus dem Kaufpark oder dem Edeka im Monheimer Tor Kaufkraft abziehen wird.

(RP)
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