Langenfeld Alt und Jung vernetzen

Düsseldorf · Die Familie gilt als Kitt der Gesellschaft. Was aber, wenn immer mehr Menschen alt werden, ohne von eigenem Kitt zehren zu können? Die Stadt sucht mit Vereinen und Einrichtungen nach Auswegen aus der Vereinzelungsfalle.

Nach der jüngsten Prognose des Landesamts für Statistik (IT NRW) wird Langenfeld im Jahr 2030 mit 58 350 Einwohnern fast genauso viele Bürger zählen wie heute (knapp 59 000). Die Altersstruktur wird jedoch eine völlig andere sein.

Müssten die heutigen Langenfelder diese Struktur probeweise nachspielen, hätte der Regisseur folgende Wechsel vorzunehmen: Jedes neunte Kind müsste die Stadt verlassen, ebenso wie jeder dritte Jugendliche, jeder zwölfte junge Erwachsene und jeder dritte Langenfelder mittleren Alters. Im Gegenzug müsste der Spielleiter knapp 5000 zusätzliche Sechziger und Siebziger (plus 38 Prozent) sowie 4000 Über-80-Jährige (plus 138 Prozent) in die Stadt holen.

Wie viele dieser "jungen" und "richtig" alten Langenfelder anno 2030 Familienanschluss im leiblichen Sinne haben werden, hat noch niemand ermittelt, aber eines steht fest: Es werden deutlich weniger sein als heute, denn mit jedem Kind und Jugendlichen verschwindet auch ein Enkel, mit jedem Erwachsenen jüngeren und mittleren Alters ein Kind.

Aus dem Gleichgewicht

Es hat nichts mit Altenfeindlichkeit zu tun, um die IT-NRW-Prognose mit einem mulmigen Gefühl aufzunehmen. Denn wenn richtig ist, dass jeder vor allem sich selbst und den Seinen der Nächste ist — und alle Erfahrung spricht dafür — , dann drohen einer Gesellschaft, die derart aus dem generativen Gleichgewicht geraten wird wie die hiesige, gravierende Abschottungs- und Vereinzelungstendenzen sowie verstärkte Konflikte zwischen Bürgern mit und ohne Nachwuchs.

Zwei Typen wären in solch einem Langenfeld verbreiteter, als es verkraften dürfte: auf der einen Seite kinderlos dem reproduktiven Alter Entwachsene, die bei jeder Gelegenheit über Kinderlärm oder den im Treppenhaus abgestellten Kinderwagen mosern; auf der anderen Seite Familien, die sich selbst genug sind und keinen Blick haben für die Einsamkeit der vielen Alleinstehenden um sich herum.

Gegen solche Tendenzen gibt es nach Ansicht der Ersten Beigeordneten im Rathaus, Marion Prell, besonders ein Mittel: Jung und Alt zusammenführen, auch außerhalb von Familie, der natürlichen "Kontaktbörse" zwischen den Generationen. Unter dem Motto "Lebenserfahrung trifft Abenteuer" sucht die Stadt deshalb Freiwillige, die sich für die intergenerative Arbeit interessieren.

Auf einem Informationsabend heute ab 18 Uhr im Bürgersaal des Rathauses wollen Prell und ihre Mitarbeiter einen Anstoß zur Vernetzung geben. "Angesprochen sind Privatpersonen, aber auch in Vereinen und Einrichtungen Engagierte", wirbt der städtische "Familienmanager" Thomas Wedell. Bei einem weiteren Treffen am Donnerstag, 24. Februar, 18 Uhr, ebenfalls im Bürgersaal, geht es um eine Vertiefung der Demografie-Kenntnisse. Außerdem soll der Kongress zum Thema in den Blick genommen werden, den die Stadt für den 18. Juni plant.

Ob Leihoma oder Realschüler, die praktische Erfahrungen in der Altenpflege, einem möglichen Berufsfeld machen, ob ruheständige "Jobpaten" oder Longhorns-Footballer in der benachbarten Seniorenresidenz — einiges von dem, was das generationsübergreifende Netzwerk umfasst, gibt es schon. "Wir wollen es noch dichter knüpfen", sagt Wedell.

(RP)
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