Kreis Mettmann 1300 Bewerber für 834 freie Lehrstellen

Kreis Mettmann · Jugendliche sollten bei der Wahl von Beruf und Lernort flexibel sein, rät die Agentur für Arbeit in Mettmann.

Angebot und Nachfrage passen auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Mettmann nicht zusammen. Die Arbeitsagentur Mettmann verzeichnet in diesem Jahr zwar mehr Ausbildungsstellen (+ 16,2 Prozent), gleichzeitig aber auch deutlich mehr Bewerber (+14,2 Prozent). Folge: Auf 1300 Bewerber kommen aktuell 834 freie Lehrstellen. "Jugendliche müssen flexibel sein", rät Marcus Kowalczyk, Leiter der Agentur für Arbeit: "Zum einen in der Wahl ihres Berufswunsches, zum anderen bei der Wahl des Ausbildungsortes." Wer im Kreis Mettmann keinen Ausbildungsplatz findet, sollte sich auch in Düsseldorf umschauen. Dort gebe es mehr freie Ausbildungsplätze als Bewerber. Mit Bus und Bahn sei die Landeshauptstadt schließlich gut zu erreichen.

Die Berufsberatung der Agentur für Arbeit trage langsam Früchte. Früher bewarben sich 58,8 Prozent aller Schüler auf die zehn beliebtesten Ausbildungsberufe. In diesem Jahr seien es nur noch 38,6 Prozent. Obwohl es mehr als 350 anerkannte Ausbildungsberufe gibt, veränderten sich die Wünsche der Bewerber seit Jahren kaum, lediglich die Rangfolge variiere. Die Berufsberatung kenne viele verwandte Berufe als Alternative zu den überlaufenen Ausbildungsberufen. Statt Kfz-Mechatroniker zu werden, könne man sich beispielsweise auch als Mechaniker für Lastwagen oder Land- und Baumaschinen ausbilden lassen. Wichtig zu wissen: Die Berufsberatung übernimmt die Kosten für Bewerbungsgespräche und zahlt - falls nötig - auch Nachhilfe-Unterricht für Azubis, betont Kowalczyk. Er rät noch unversorgten Jugendlichen, die Ferien für Praktika zu nutzen und sich persönlich bei Ausbildungsbetrieben vorzustellen.

Auch Martin Lindemann, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, macht jungen Leuten Mut: "Es gibt fast überall noch freie Ausbildungsstellen. Nicht aufgeben, die Suche lohnt sich." Das Handwerk habe in diesem Jahr so viele Lehrverträge abgeschlossen wie lange nicht mehr. Bis Ende Juni wurden der Kreishandwerkerschaft 311 Ausbildungsverträge vorgelegt, im Vorjahr waren es nur 265. "Die Betriebe stehen im Wettbewerb um die Schulabgänger und sind etwas entschlussfreudiger geworden", sagt Lindemann.

"Wir haben keinen Fachkräfte-Mangel, sondern einen Nachwuchs-Mangel", beschreibt der Hildener Bäcker Roland Schüren die Situation. Er beschäftigt 200 Mitarbeiter und betreibt 16 Filialen in der Region, darunter die im Langenfelder Sass am Markt: "Früher hatten wir im Schnitt 15 Azubis, heute sind es sechs." Die Betriebe müssten mehr für ihre Lehrlinge tun. Schüren etwa stellt den angehenden Bäckern kostenfrei ein kleines Elektroauto oder einen E-Roller zur Verfügung, damit sie morgens zwischen ein und zwei Uhr zur Arbeit kommen. Der Unternehmer scheut sich auch nicht, Spätentwicklern wie Svenja Davertzhofen eine Chance zu geben. Die heute 22-Jährige aus Hilden machte eine Ausbildung zur Reiseverkehrsfrau. Schon bald wurde ihr klar: "Der Umgang mit Kunden ist nicht mein Ding." Nach einem Praktikum machte sie bei Schüren erfolgreich eine Ausbildung zum Bäcker.

Nicole Sklarek wiederum ist die erste Auszubildende bei Schüren, die ab September eine duale Ausbildung absolviert. Die 21-jährige Hildenerin hatte im Laden als Aushilfe gearbeitet - und entdeckte dabei ihr Talent: "Verkaufen macht mir richtig Spaß. Deshalb wollte ich auch nichts anderes machen." Die junge Frau macht jetzt eine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin - und studiert parallel Wirtschaft und Management an der FOM, einer privaten Fachhochschule für Berufstätige, Azubis und Fachabiturienten. Schüren: "Wer im Laden gut ist, kann auch anderes gut verkaufen."

(RP)
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