Auch Unternehmen im Kreis Heinsberg betroffen „Der Krieg kennt nur Verlierer“

Kreis Heinsberg · Auch Unternehmen im Kreis Heinsberg pflegen wirtschaftliche Beziehungen zu der Ukraine und Russland. Der IHK-Geschäftsführer Gunter Schaible erläutert, welche Folgen der Krieg in der Ukraine jetzt auf diese Firmen hat.

 Blick auf Zapfpistolen an einer Tankstelle. Die Energiepreise für Verbraucher wie Unternehmen werden durch den Ukraine-Krieg steigen.

Blick auf Zapfpistolen an einer Tankstelle. Die Energiepreise für Verbraucher wie Unternehmen werden durch den Ukraine-Krieg steigen.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Herr Schaible, am Donnerstag, 24. Februar, just an dem Tag, an dem russische Soldaten in die Ukraine einmarschiert sind, haben die Industrie- und Handelskammern des Rheinlandes das aktuelle Konjunkturbarometer veröffentlicht. Darin zeigen sich die Unternehmen der Region durchaus zuversichtlich. Ist zu befürchten, dass sich diese Stimmung angesichts des Krieges nun doch wieder eintrüben wird?

Gunter Schaible Der Angriff Russlands auf die Ukraine und die aktuelle humanitäre Situation machen die Unternehmerinnen und Unternehmer fassungslos. Das wird in all unseren Telefonaten deutlich, die wir derzeit zum Russland-Ukraine-Konflikt führen. Den international ausgerichteten Firmen im Kreis Heinsberg kommt zugute, dass sie in der Regel rund um den Globus aktiv sind und nicht nur in einzelnen Ländern.

Wie stark sind die wirtschaftlichen Verbindungen der Unternehmen im Kreis Heinsberg mit der Ukraine und mit Russland?

Schaible Aus dem Kreis Heinsberg sind uns zwölf Firmen bekannt, die mit Unternehmen in der Ukraine kooperieren. Im Hinblick auf Russland sind es 28. Die meisten von ihnen exportieren, einige importieren Waren oder haben vor Ort eine Niederlassung oder eine Vertretung. Insgesamt sind 91 Unternehmen im Bezirk der IHK Aachen – in der Städteregion Aachen sowie in den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg – in der Ukraine aktiv. Zu Firmen in Russland haben 154 Unternehmen aus unserem IHK-Bezirk Geschäftsbeziehungen.

 Nach Angaben von Gunter Schaible, Geschäftsführer der auch fürs Erkelenzer Land zuständigen Industrie- und Handelskammer Aachen, sind auch Betriebe im Kreis Heinsberg direkt vom Ukraine-Krieg und seinen Folgen betroffen.

Nach Angaben von Gunter Schaible, Geschäftsführer der auch fürs Erkelenzer Land zuständigen Industrie- und Handelskammer Aachen, sind auch Betriebe im Kreis Heinsberg direkt vom Ukraine-Krieg und seinen Folgen betroffen.

Foto: Heike Lachmann

Wie hoch ist deren Exportquote allgemein und wie hoch die nach Russland und in die Ukraine? Wie bedeutend sind die Märkte dieser Länder für Unternehmen im Kreis Heinsberg?

Schaible Die Exportquote des produzierenden Gewerbes im Kreis Heinsberg lag im Jahr 2020 bei 31,9 Prozent. Länderspezifische Angaben werden nicht erfasst.

Welche Folgen sind aufgrund des Krieges und der Sanktionen auch für Unternehmen im Kreis Heinsberg zu befürchten?

Schaible Wir gehen davon aus, dass etliche Geschäftsbeziehungen – darunter auch langjährige, die sich als freundschaftlich bezeichnen lassen – zumindest vorübergehend abreißen werden. Die Auswirkungen des Konflikts werden insbesondere Maschinenbauer zu spüren bekommen und Unternehmen, die in hohem Maße auf Energielieferungen angewiesen sind. Zuversichtlich stimmt mich, dass die Unternehmen im Kreis Heinsberg international gut aufgestellt sind und Wege aus dieser Krise finden werden.

Wie äußern sich Unternehmer in Gesprächen mit der IHK, wie ist die Stimmungslage?

Schaible Für unsere Mitgliedsunternehmen steht die Sicherheit von Mitarbeitern und Geschäftspartnern vor Ort an erster Stelle. Das beschäftigt alle sehr. Für uns als IHK Aachen gilt das ebenfalls: Es war eine große Erleichterung zu hören, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Handelskammer – bei der wir selbst schon viele Jahre Mitglied sind – die Ukraine wohl sicher verlassen können. Die Unternehmen in unserem IHK-Bezirk rechnen zudem damit, dass oftmals langjährige Geschäftsbeziehungen in die Ukraine und nach Russland auf absehbare Zeit nicht aufrechterhalten werden können. Das heißt, dass diese Firmen jetzt ihre Lieferketten überdenken werden.

Welche Folgen sind für die Wirtschaftsbeziehungen unserer Region in die betroffenen Länder gewichtiger: die des Krieges oder die der Sanktionen?

Schaible Der Krieg in der Ukraine erschüttert Gesellschaft und Wirtschaft. Er kennt nur Verlierer. Bei Sanktionen ist das ebenfalls so: Sie treffen russische und hiesige Firmen, die ihre Geschäftsbeziehungen nun abbrechen müssen. Die EU sowie die USA und zahlreiche weitere Länder haben bereits erste Sanktionsvorgaben erlassen und arbeiten weitere aus. Aussagen zu ihrer Wirkungskraft in Summe lassen sich derzeit noch nicht treffen. Betroffenen Unternehmen bieten wir neben individueller Beratung über den aktuellen Stand auch gebündelt Informationen in einem Webinar am Montag, 14. März, an. Es ist kostenfrei.

Wie beurteilen Sie persönlich die Lage und deren Auswirkungen für die Wirtschaft im Kreis Heinsberg?

Schaible Der Angriff Russlands auf die Ukraine zeigt, wie fragil unsere zivilisatorischen Errungenschaften sind. Ich hoffe sehr auf eine Rückkehr zu Dialog und Diplomatie und auf ein schnelles Ende des Krieges.

(arue)
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