Lokalsport Ihre Krankheit hält sie nicht auf

Wegberg · Leichtathletik: Vor drei Jahre bekam Claudia Hombach eine neue Leber transplantiert - heute ist sie Europameisterin im Wurfball und Kugelstoßen und EM-Zweite im Speerwerfen. Ihr nächstes Ziel sind nun die Weltmeisterschaften.

 Claudia Hombach mit ihren drei Medaillen von der Europameisterschaft der Transplantierten.

Claudia Hombach mit ihren drei Medaillen von der Europameisterschaft der Transplantierten.

Foto: JÜRGEN LAASER

Eine Frau mit einer rundum positiven Ausstrahlung. Diese Beschreibung trifft auf Claudia Hombach wahrscheinlich am besten zu - ein Dauerlächeln ziert das Gesicht der 45-Jährige. Dazu hat sie auch allen Grund: Bei der Europameisterschaft für Transplantierte und Dialysepatienten gewann sie im finnischen Vantaa zweimal Gold und einmal Silber.

Aber der gebürtigen Arsbeckerin ging es nicht immer so gut wie heute - ganz im Gegenteil, sie hat einen langen Leidensweg hinter sich. 1999 erhielt sie die Schockdiagnose: Primär sklerosierende Cholangitis (PSC). Bei dieser Autoimmunerkrankung deformieren die Gallengänge und verschließen sich letztlich. Gleichzeitig können sich Bakterien einnisten und Entzündungen entstehen. Damals ist Claudia Hombach gerade 28 Jahre alt - die Ärzte geben ihr noch fünf, später noch zehn Jahre. "Ab da habe ich den Fokus auf das Leben gelegt, habe versucht, nur noch positiv zu denken." 13 Jahre später war nach ständigem Fieber, langanhaltenden Schmerzen und durchgehender Müdigkeit jedoch klar: Eine neue Leber musste her. Aber es gibt nicht genug Spenderorgane. Als sich ihr Zustand immer weiter verschlechtert, kommt die Rettung aus der Familie: Ihre Zwillingsschwester Astrid spendet ihr einen Teil ihrer eigenen Leber. "Ich war froh, dass meine Schwester den Gedanken schon hatte, als ich auf die Liste kam", betonte Hombach. Nach einer einmonatigen Testphase und einer Anhörung vor dem Ethikausschuss stand die Transplantation fest. Ihr "zweiter Geburtstag", wie sie ihn selbst nennt, war am 3. Juni 2013. Die riskante OP, bei der nur Teile der Leber transplantiert werden, verlief erfolgreich - zweimal muss Hombach reanimiert werden. "Eine Lebendspende bei einer Leber ist sehr schwierig", erläuterte Hombach, "sowohl meine Schwester als auch ich waren nach der Operation stark angeschlagen." Einen Monat liegt Claudia Hombach im Krankenhaus - zeitweise sogar im künstlichen Koma. "Am Anfang musste ich erstmal wieder gehen lernen, an Sport war gar nicht zu denken", sagt die 45-Jährige.

Unter der ständigen Gefahr, dass der Körper das neue Organ abstößt, kämpfte Hombach sich zurück ins Leben und löst das vor der Operation gegebene Versprechen mit ihrer Schwester ein: Zusammen laufen sie ein Jahr später beim Women's Run in Köln ins Ziel. "Ohne meine Schwester hätte ich nicht überlebt und ich bin ihr mehr als dankbar für meine zweite Chance."

Und die will sie nutzen: Mit zehn Jahren fing Hombach mit Leichtathletik beim TuS Wegberg an - jetzt will sie mit leichtem Training ihren Körper wieder leistungsfähig machen. Nach dem Erwerb des Sportabzeichens in Gold und der Teilnahme an zwei Deutschen Meisterschaften der Transplantierten und Dialysepatienten, die sie mit insgesamt sieben Gold- und zwei Silbermedaillen abschloss, fasste sie das nächste große Ziel ins Auge: Die Europameisterschaften in Vantaa. Durch ein Attest müssen die Athleten dabei verifizieren, dass sie ein transplantiertes Organ in sich tragen und dass sie fähig sind, Sport zu treiben.

Eine Woche lang messen sich 450 Athleten aus ganz Europa - nach Leistungsniveau sortierte - in diversen Sportarten. "Es findet sehr viel Austausch innerhalb dieser großen Sport-Familie statt", sagt Hombach, "viele haben einen ähnlichen Leidensweg hinter sich und viele würden nicht mehr leben, wenn es keine Organspende gäbe." Dabei schrecke die Negativpresse über Organtransplantationen der vergangenen Jahre immer noch potentielle Spender stark ab, dabei sei der Bedarf groß. "Mehr Berichte über unseren Sport könnten zeigen, dass Transplantierte nach relativ kurzer Zeit wieder ein fast normales Leben führen können und sich jede Spende lohnt", sagt Hombach.

Mit zwei Goldmedaillen im Kugelstoßen (7,07 Meter) und Wurfball (37,94 Meter) und einer Silbermedaille im Speerwurf (18,97 Meter) kehrt Hombach von der EM zurück - und schmiedet gleich neue Pläne. Neben weiteren Teilnahmen an DM und EM, will sie 2017 bei der Weltmeisterschaft in Malaga starten. Fasziniert habe sie vor allem die Professionalität der Organisatoren. "Bei der Eröffnungsfeier fühlte man sich wie bei den Profis. Seit der Operation lebe ich mein Leben bewusster. Ich versuche meiner Schwester zu zeigen, dass sie mir nicht umsonst geholfen hat", beschreibt sie strahlend, "ich genieße jeden Tag meines Lebens so gut es geht."

(RP)
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