Fußball Der älteste aktive Schiri im Fußballkreis

Erkelenz · Günter Lüderitz pfeift auch mit 78 Jahren noch Woche für Woche Spiele in der C-Liga, bei Alten Herren und bei Schulturnieren. Sein Motto dabei: "Deutschland bewegt sich". Ans Aufhören denkt er nicht. "Mir geht's sehr gut."

 Im Einsatz: Schiri Günter Lüderitz in der C-Liga-Partie zwischen dem VfR Granterath mit Marcel Wiederhold (l.) und dem SV Baal mit Kristian Rieck.

Im Einsatz: Schiri Günter Lüderitz in der C-Liga-Partie zwischen dem VfR Granterath mit Marcel Wiederhold (l.) und dem SV Baal mit Kristian Rieck.

Foto: NIPKO

Zum Job an der Pfeife kam Günter Lüderitz eher zufällig, darf getrost der Kategorie "Spätberufener" zugeordnet werden. Immerhin war der gebürtige Wernigeroder schon 43 Jahre alt, als er 1978 mit Gerd Meuwissen, seinem Vereinskollegen beim SC 09 Erkelenz, die Schiedsrichterprüfung ablegte — auf sanften Druck des Vereins, wie Lüderitz schmunzelnd erzählt: "Mein Sohn Dirk spielte ab 1974 in der E-Jugend des SC 09. Damals wurden die Spiele von Betreuern gepfiffen, und das tat ich dann auch. Da ging es oft hoch her, inklusive Spielabbrüche und Spruchkammersitzungen. Gerade in Hilfarth und Ratheim gab's oft Ärger."

Um die vielerorts auftretenden Auswüchse einzudämmen, erließen die Funktionäre im damaligen Fußballkreis Erkelenz die Direktive, dass sich Jugendbetreuer gefälligst zu Schiedsrichtern ausbilden lassen sollten — ein "ordentlicher" Schiri hat eben schon eine andere Legitimation und Autorität als ein pfeifender Betreuer.

Das tat also auch Lüderitz — und fand Gefallen am Job an der Pfeife. So viel Gefallen, dass er ihn bis heute ausübt. Mit seinen 78 Jahren ist er der älteste aktive Unparteiische im Kreis Heinsberg, pfeift Woche für Woche in der C-Liga, bei Alten Herren und bei Schulturnieren. Ans Aufhören denkt er nicht: "Mir macht's immer noch viel Spaß, und da es mir gesundheitlich sehr gut geht, mache ich weiter." Seit 35 Jahren ist er nun schon Schiedsrichter. "Viele freuen sich, wenn sie sehen, dass ich pfeife. Dann sagen die: Guck mal, da kommt der alte Lüderitz!" Der stellt seine Tätigkeit ein wenig selbstironisch unter das Motto "Deutschland bewegt sich" — und erläutert grinsend: "Ich möchte eben nicht wie so viele Zuschauer nur einarmig reißen, sondern noch aktiv sein." Einarmig reißen — das ist eine Umschreibung für Biertrinken. Damit hat's Lüderitz weniger.

"Das Pfeifen tut auch dem Kopf gut", sagt er. Sein Credo: "Man muss als Schiri nicht alles hören und gleich Karten ziehen. Fingerspitzengefühl gehört einfach dazu." Mit dieser Devise fahre er grundsätzlich sehr gut. Natürlich gebe es aber auch Spiele, die würden für ihn nicht so gut laufen. "Das sind vielleicht fünf Prozent. Da liefere ich eine Leistung ab, für die ich mich nachher ein wenig schäme."

Nicht schämen tut er sich dagegen für gelegentliche "Anregungen" während eines Spiels. Zur Veranschaulichung erzählt Lüderitz zum Abschluss eine nette Anekdote: Vor wenigen Jahren sei bei einem Spiel ein langsamer Innenverteidiger andauernd überlaufen worden. Deswegen habe sich an den Kapitän gewandt: "An eurer Stelle würde ich den auf Linksaußen setzen. Da kann er weniger Unheil anrichten." Zur zweiten Halbzeit sei sein taktischer Tipp umgesetzt worden — mit einer verheerenden Konsequenz: "Da hat besagter Spieler seinem Gegenspieler plötzlich eine Kopfnuss verpasst, so dass ich den vom Platz stellen musste. Da habe ich mich ein wenig mitschuldig gefühlt." Und weil das so war, habe er sich bei der folgenden Spruchkammersitzung auch für den Sünder eingesetzt. "Der hatte schließlich kein Theater gemacht, ist nach der Roten Karte sofort vom Platz gegangen. Normal wird in solchen Fällen immer viel lamentiert." Seine Intervention habe auch Erfolg gehabt, sagt Lüderitz: "Der Spieler hat nur die Mindeststrafe bekommen."

(emo)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort