Kommentar Mit klarem Kopf und Mitgefühl durch die Corona-Krise

Kreis Heinsberg · Eine dramatische Woche haben die Menschen im Kreis Heinsberg erlebt: Feierten am vergangenen Wochenende noch viele in den zehn Städten und Gemeinden unbeschwert den rheinischen Karneval, meldete das Erkelenzer Hermann-Josef-Krankenhaus in der Nacht zu Aschermittwoch den ersten positiv auf das Corona-Virus getesteten Patienten in NRW.

 RP-Redakteur Michael Heckers.

RP-Redakteur Michael Heckers.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Seitdem geht es im westlichsten Kreis Deutschlands Schlag auf Schlag: Der eilig einberufene Krisenstab im Heinsberger Kreishaus ordnet an, dass vorerst alle Schulen und Kindergärten geschlossen bleiben. Die Menschen werden aufgefordert, große Gruppenansammlungen zu meiden und Hygieneregeln zu beachten. Viele Behördenmitarbeiter leisten hinter den Kulissen Sisyphusarbeit und kontaktieren Menschen, die zuletzt Verbindungen zu dem erkrankten Ehepaar hatten, das bis zum Rosenmontag ganz normal am gesellschaftlichen und beruflichen Leben teilgenommen hat.

Sämtliche Bemühungen haben nur ein Ziel: Die Ausbreitung einer Virusinfektion zu vermeiden, die offenkundig pandemisches Potenzial und ihren Ausgangspunkt in NRW in der beschaulichen 12.000-Seelen-Gemeinde Gangelt hat. Die unvorstellbare Dynamik der Corona-Krise überrollt im Kreis Heinsberg alle. Am Donnerstag beziffern die Behörden die Zahl der Infizierten im Kreis Heinsberg auf 20, etwa 1000 Menschen befinden sich in häuslicher Quarantäne. In Supermärkten werden die Regale leer gekauft. Desinfektionssprays und Gesichtsmasken sind nicht mehr zu bekommen. In Gangelt-Langbroich kommt das öffentliche Leben zum Erliegen. Es ist kaum zu glauben: Vor nicht einmal einer Woche dachten die meisten Menschen beim Thema Corona-Virus an China. Aber Gangelt? Langbroich? In schwierigen Zeiten ist der Blick auf positive Dinge wichtig. Der Krisenstab des Kreises Heinsberg hat in dieser Woche seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Der Krisenplan wurde professionell abgearbeitet, die Bürger fühlten sich gut und zügig informiert. Die Proben für den Ernstfall zahlen sich aus. Landrat Stephan Pusch steht in engem Kontakt mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Das stellt dringend benötigte Unterstützung für den Kreis Heinsberg sicher. Herausragend ist bislang die Kommunikation des Landrats: Medienvertretern steht er trotz enormer persönlicher Beanspruchung jederzeit sachlich Rede und Antwort. In den sozialen Netzwerken gibt er regelmäßig Updates zur Lage, erklärt und begründet, warum Panik fehl am Platz ist und Hamsterkäufe überflüssig sind. Damit trägt der Landrat wesentlich zur Versachlichung der Corona-Krise bei.

Pusch wendet sich aber auch an diejenigen, die bei Facebook tatsächlich darüber fabulieren, warum das betroffene Ehepaar in Gangelt eine Karnevalsveranstaltung besucht hat. „Es hätte jeden treffen können. Wer von uns hätte auf Karneval verzichtet, nur weil er etwas erkältet ist?“, fragt Pusch in seiner Videobotschaft und bittet höflich aber bestimmt darum, „doch die Kirche im Dorf zu lassen“. In der schwersten Krise seines Landkreises agiert Pusch mit klarem Kopf und Mitgefühl. „Das schwer erkrankte Ehepaar hat nicht unsere Vorwürfe, sondern unser Mitgefühl und unsere Solidarität verdient“, erklärt er. Den besten Genesungswünschen des Landrats im Namen der Bürger des Kreises Heinsberg schließe ich mich gerne an.

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