Zwei Ausstellungen zum Geburtstag Offenheit ist Sarans „Markenzeichen“

Erkelenz · Gerade feierte der in Erkelenz lebende Künstler Michel Saran 80. Geburtstag. Die Kunstszene im Kreis ehrt den in der DDR aufgewachsenen Künstler mit einem spannenden Lebensweg ab nächsten Sonntag mit zwei Ausstellungen.

 Michael Saran und Kunstvereins-Kuratorin Ingrid Trantenroth-Scholz besprechen die Hängung der aktuellen Arbeiten im Horster Hof.

Michael Saran und Kunstvereins-Kuratorin Ingrid Trantenroth-Scholz besprechen die Hängung der aktuellen Arbeiten im Horster Hof.

Foto: Laaser, Jürgen

"Vom Gemüt her bin ich eigentlich ein fauler Hund, aber wenn ich einmal anfange, finde ich so schnell kein Ende mehr, daran hat sich bis heute wenig geändert", antwortet der Künstler Michel Saran auf die Frage, ob sich seine Arbeitsweise im Laufe der Jahre geändert hat. Der in Erkelenz lebende gebürtige Halberstädter hat gerade seinen 80. Geburtstag gefeiert. Und er repräsentiert keineswegs den Typ des gesetzten Ruheständlers. Unverändert experimentierfreudig und offen für Neues und eine Vielfalt an Techniken, Stilen und Themen arbeitet er täglich in seinem Erkelenzer Atelier — und knöpft sich auch gern mal alte Arbeiten wieder vor, um sie zu verändern.

 Saran in der Ausstellung im Begas Haus vor einem Selbstporträt im Alter von 23 Jahren. Das Heinsberger Museum zeigt Arbeiten aus 60 Schaffensjahren.

Saran in der Ausstellung im Begas Haus vor einem Selbstporträt im Alter von 23 Jahren. Das Heinsberger Museum zeigt Arbeiten aus 60 Schaffensjahren.

Foto: Angelika Hahn

Sechs Jahrzehnte Kunst eines Mannes mit einer bewegten Lebensgeschichte werden ab Sonntag, 18. Februar, durch zwei Ausstellungen gewürdigt: eine Retrospektive im Museum Begas Haus und eine Schau neuerer Arbeiten aus den letzten rund zwei Jahren im Horster Hof, dem Domizil des Kunstvereins Region Heinsberg in Unterbruch.

 Restrospektive im Begas Haus vor zwei Gemälden "Genossin" und Papagei aus den 1980er Jahren.

Restrospektive im Begas Haus vor zwei Gemälden "Genossin" und Papagei aus den 1980er Jahren.

Foto: Angelika Hahn

Im Kunstverein arrangiert Kuratorin Ingrid Trantenroth-Scholz in diesen Tagen die Hängung der Bilder gemeinsam mit Saran. Auch diese jüngsten Arbeiten machen es — wie sein ganzes Schaffen — unmöglich, Saran in eine künstlerische Schublade einzuordnen. Akte und Frauenbildnisse stehen dort neben abstrakten Farbfeldern, Flächiges neben Bildern mit plastischen Einsätzen. Im Wechselausstellungssaal des Begas Hauses ist die Schau, mitkonzipiert von Sarans Freund und Kollegen, dem Fotografen Dettmar Fischer, fast fertig. Ein Rundgang dort gleicht einem Ritt durch die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts, der sich Saran gern bedient, freilich nie, ohne eigene Akzente zu setzen.

"Ich wollte mich nie gern festlegen lassen", sagt Saran, der nach dem Tod seiner ersten Frau seit 2009 in Erkelenz lebt, nach über 30 Jahren in Süsterseel und Millen. Die Offenheit ist es wohl auch, die Saran unterscheidet von Stars der Szene wie Gerhard Richter oder Sigmar Polke, die seine Weggefährten an den Kunstakademien in Dresden und Düsseldorf waren. Der Kunstbetrieb sucht das "Markenzeichen". "Freiheit der Richtungen ist dort nur schwer möglich", sagt Saran. "Events sind mir fremd, in diesem Kunstbetrieb wäre ich mir bescheuert vorgekommen."

Die Erdung fand Saran wohl auch im Elternhaus. Gemeinsam mit dem Vater, einem Optiker, zeichnete er schon als Kind. Dennoch galt zunächst der bürgerliche Lebensweg, die Übernahme des Geschäfts, als vorgezeichnet. Saran absolvierte eine Optikerlehre. Und dann doch mit 21 der Wechsel auf die Kunstakademie Dresden. Das gelang nicht jedem. Aber nach absolvierter Lehre hatte er als "Werktätiger" in der DDR damals gute Karten. Darüber, wie die Studenten den prägenden sozialistischen Realismus dezent auszuhöhlen versuchten, kann Saran lange erzählen. Auch wie ihn (und seine Kunst) Besuche im Westen, etwa die französische Landschaft und ihre Farben, prägten. Dennoch stand Republikflucht, auch der familiären Bindungen wegen, nie auf der Agenda des Künstlers, wie er zugibt. Doch dann saß er beim Mauerbau 1961 im Westen fest, die Eltern beschworen ihn, "drüben" zu bleiben. Aus gutem Grund. Der Wind hatte sich gedreht. "Ich wurde in Abwesenheit zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt." Später hob Ulbricht diese Urteile "gnädig" auf. Saran setzte damals sein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie fort.

Die vergebliche Suche nach einem Domizil für seine junge Familie in der Großstadt führte die Sarans dann "aufs platte Land" in den Selfkant. Und der Künstler entdeckte kreatives Potenzial in der Weite und Struktur des flachen (Acker-)Landes, die auch seine abstrakten, mit Vertikalen und Horizontalen spielenden Bilder aufnehmen. Die Beziehungen zur Heimat Halberstadt aber blieben, intensiv vor allem zur Wendezeit. Saran — "Ich bin ein politischer Mensch" — unterstützte dort aktiv das "Neue Forum".

(aha)
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