Kreis Heinsberg Neue Facetten einer Künstlerfamilie

Kreis Heinsberg · Wolfgang Cortjaens hat Briefe von Carl Joseph Begas an seinen Sohn Oscar und einen Werkkatalog dieses Malers veröffentlicht.

 Selbstbildnis von Carl Joseph Begas d. Ä. von 1819, zu sehen im Heinsberger Museum Begas Haus.

Selbstbildnis von Carl Joseph Begas d. Ä. von 1819, zu sehen im Heinsberger Museum Begas Haus.

Foto: Begas Haus / Schotten

Knapp fünf Jahre lang war Wolfgang Cortjaens Kustos und später stellvertretender Leiter des Museums Begas Haus in Heinsberg. Gemeinsam mit Leiterin Rita Müllejans-Dickmann hatte er die Umwandlung des früheren Heinsberger Kreismuseums zum Kunstmuseum mit Schwerpunkt auf der Künstler-Dynastie Begas, die ihren Ursprung in Heinsberg hat, konzeptionell mitentwickelt und umgesetzt.

 Wolfgang Cortjaens, Autor des Oscar Begas-Katalogs (vorn) und der Briefe des Vaters an Sohn Oscar.

Wolfgang Cortjaens, Autor des Oscar Begas-Katalogs (vorn) und der Briefe des Vaters an Sohn Oscar.

Foto: aha

Auch nach seinem Weggang aus Heinsberg Ende 2015 ließ den in Herzogenrath lebenden Kunsthistoriker mit niederländischem Pass die Kunst der Begas-Sippe nicht los. Er forschte weiter. Erstmals war Cortjaens 2010 in engere Verbindung mit der Künstlerfamilie gekommen, als er eine große Ausstellung über den Bildhauer Reinhold Begas im Deutschen Historischen Museum Berlin mit kuratierte.

 Selbstbildnis von Oscar Begas (um 1848) aus dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin.

Selbstbildnis von Oscar Begas (um 1848) aus dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin.

Foto: Volker H. Schneider

Jetzt hat der 51-Jährige die im Original im Heinsberger Museumsarchiv liegenden Briefe des 1794 in Heinsberg geborenen späteren preußischen Hofmalers und Berliner Akademieprofessors Carl Joseph Begas d. Ä. ediert und veröffentlicht. Gerade wurde das Buch im Kölner Wallraf-Richartz-Museum vorgestellt, Begas nämlich kannte den Sammler Ferdinand Franz Wallraf gut. Unter dem Titel "Familienbande" ist der Briefwechsel 1840 bis 1854 von Begas mit seinem Maler-Sohn und Ateliernachfolger Oscar Begas im Böhlau Verlag erschienen.

Erst 2015 hatten zwei Ururenkel von Carl Joseph Begas den Nachlass seines ältesten Sohnes Oscar (1828-1883) dem Begas Haus überlassen, eine Fundgrube für den Kunsthistoriker. Denn private Briefe, so erläutert Cortjaens im Redaktionsgespräch, spiegeln vielfach authentischer als öffentliche Äußerungen oder Publikationen den individuellen Charakter, die Kunstauffassung, aber auch die Lebens- und Schaffensumstände eines Künstlers. Und in diesem Fall eben auch die Beziehungen zwischen Vater und Sohn und - indirekt durch die Worte des Vaters - auch den Charakter von Oscar Begas und seiner ebenfalls in einigen Briefen vertretenen, treu sorgenden Mutter Wilhelmine, die sich gleichwohl auch als Kunstkennerin erweist. Cortjaens: "Die ganze Familie Begas lebte Kunst, das spürt man auch in den Briefen." Immerhin vier Söhne ergriffen den Künstlerberuf.

Oscar muss "schreibfaul" gewesen sein, denn Briefe von ihm sind kaum überliefert. Der Vater dagegen kommuniziert mit seinem in Dresden und zwei Jahre auch in Rom studierenden und arbeitenden Sohn ein wenig wie ein "Helikopter-Vater", wie Cortjaens es ausdrückt: bemüht, die künstlerische Entwicklung des "Kronprinzen" zu steuern. Der Vater gibt viele Tipps bis hin zur Auswahl besonderer Tubenfarben, die er Oscar aus Berlin nach Rom schickt. Den Sohn charakterisiert Cortjaens als künstlerisches Wunderkind, aber auch als Schlendrian, etwas phlegmatisch und Widerständen aus dem Weg gehend.

Dass Vater Carl Joseph Begas mit der Königsfamilie informellen, fast freundschaftlichen Umgang pflegte, belegt Begas' Beschreibung eines Überraschungsbesuches des Königspaares im Hause Begas, dessen größter Raum, so weiß Cortjaens, als Atelier diente. Aber auch von den Besuchen bei der Großmutter Susanne Henriette Hoffstatt und Tante Therese in Haus Herb in Dremmen ist in Briefen die Rede. Der Hofmaler Begas im preußischen Berlin hält stets auch den Kontakt ins Heinsberger Land, die Heimat seiner Kindheit vor dem Umzug der Familie nach Köln.

Cortjaens hat die von vielen Kollegen gescheuten Mühen, sich durch teils verblasste, verwischte oder schwer leserliche Handschriften, veraltete Schreibweisen und kaum verständliche Abkürzungen zu "fressen", gern auf sich genommen und dabei einiges Neues erfahren über die Familie.

Ein zweites im ganz konkreten Sinne "schwergewichtiges" Werk hat Cortjaens bereits im vergangenen Jahr veröffentlicht: den ersten Katalog der Werke von Oscar Begas, der auch etliche Bilder aus dem Museum Begas Haus umfasst.

"Oscar Begas 1828-1883 - Ein Berliner Maler zwischen Hof und Bourgeoisie" lautet der Titel des 200 Seiten starken Buchs mit vielen großformatigen Abbildungen. Rund 300 Gemälde und etwa 30 Grafiken umfasst Oskar Begas' Werk. Der Katalog verdeutlicht die Dominanz des versierten Porträtisten, der Adel und Bürgertum in seinen Gemälden mit malerischer Finesse in Szene setzte. Den Akademielehrer schätzt Cortjaens "als sehr guten Porträtisten" ein, "der gutes Geld mit seinen Auftragarbeiten für Adel und Bürgertum verdiente", darunter auch Schmuck- und Wandmalereien im Rahmen der Ausstattung von Häusern betuchter Bürger.

Eine geringere Rolle als bei seinem Vater spielte in Oscar Begas' Werk die Historien- und Genremalerei, die gleichwohl vertreten ist. "Auf diesem Feld ist Oscar aber nicht an die Qualität des Vaters herangekommen", sagt Cortjaens.

(RP)
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