Erkelenz Mitten durch den Tagebau Garzweiler II
Erkelenz · Zwischen den Autobahnkreuzen Holz und Jackerath entsteht die neue Autobahn 44n. Einige Hundert Meter sind bereits asphaltiert. RWE-Projektleiter Niko Spaete (34) sorgt dafür, dass die Trasse durchs Abbaugebiet pünktlich fertig wird.
Niko Spaete tritt bis an den Rand des Abgrunds heran. Dort unten, auf der A61 am Autobahnkreuz Jackerath, rollt der Berufsverkehr. Der Bauingenieur aber hat nur Augen für sein Baustellenareal. Spaete zeigt auf die Bohrpfähle aus Beton: "Dort entsteht die nächste Brücke, die bald die neue A44n aus Holz über die A61 führen wird", sagt der 34-jährige stellvertretende Baustellenleiter. Er deutet auf Kräne am Horizont: Am Kreuz Holz klaffe gerade noch ein 100 Meter tiefes Loch, dabei soll dort im Jahr 2017 der finale Lückenschluss der A44n stattfinden. Zufrieden ist er trotzdem: "Wir liegen noch vor dem Zeitplan."
An der Aussichtsplattform "Skywalk" am Kreuz Jackerath beginnt die Führung durch die Autobahnbaustelle, zwischen Wanlo, Holz und Jackerath. Mit Helm, Warnweste und Schutzbrille führt Niko Spaete im Baustellenfahrzeug durch eine Landschaft rostgelber Kiesberge: "Grubenkies ist das Fundament der neuen Autobahn", erklärt der RWE-Mitarbeiter über ein Mikrofon, als sich der Wagen lautstark durch den hügeligen Untergrund kämpft. Dieser Kies sei der zentrale Punkt der Zusammenarbeit von RWE mit dem Landesbetrieb Straßen NRW, der die Autobahnen verlegt. Der Weg zu den Brückenbaustellen führt mitten durch den Tagebau Garzweiler II.
Am Bandsammelpunkt ist der Grund für den Aufwand der letzten neun Jahre ersichtlich: Nach rechts tragen die Fließbänder die abgebaute Braunkohle in die Bunker. Nach links aber wird das Material befördert, das die Autobahnbauer benötigen: Millionen Kubikmeter Bergkies, die zur Verkippung dienen. Auf ihm werden die 80 000 Autos und Lkw in Zukunft fahren, die die Autobahnen täglich nutzen.
Um den Ausfall der A44 zu kompensieren, die 2005 weichen musste, weil sie zwischen dem Tagebau Garzweiler I und II verlief, wurde eine dritte Trasse umgebaut: Auf sechs Spuren baute man die A46 aus. Die größte Herausforderung der Baustelle sei es, mit dem voranschreitenden Tagebau Schritt zu halten. Die Zeitpläne stehen seit zwei Jahrzehnten - damals war der 34-Jährige, der jetzt Herr über die Umlegung der Autobahnen ist, selbst noch ein Kind. "Zu sehen, wie aus Bleistiftzeichnungen echte Straßen werden, ist aufregend", sagt Spaete, als die Fahrt zum ersten Mal kurzzeitig jedes Ruckeln vermissen lässt: die ersten 300 asphaltierten Meter der neuen Autobahn 44n. Sukzessive entstehe das Autobahnstück, das zehn Kilometer lang sein werde, ehe das letzte Verbindungsstück 2017 am Kreuz Holz angeschlossen wird.
Während Spaete auf die Baustelle schaut, erzählt er von seinem letzten großen Auftrag: Der Neubau der A44n ist das zweite Großprojekt des 34-Jährigen. Er war mitverantwortlich für die Verlegung der A4 am Tagebau Hambach. "Mit dem Auto über die neue A4 zu fahren, das war großartig. Ich freue mich schon auf die erste Fahrt zwischen Holz und Jackerath." Zweieinhalb Jahre wird die Vorfreude noch andauern. Wer dann auf der A44n fährt, wird sich 190 Meter über Förderbändern und Gruben des Tagebaus befinden.