Treffen im Kreis Heinsberg Katholiken wollen Abwärtsspirale bei Mitgliederzahl stoppen
Kreis Heinsberg · Katholikenrat und Pastoralrat in der Region diskutieren weiterhin über die geplanten Reformen im Bistum Aachen. Experten des Bistums erklärten, wie Pastorale Räume definiert werden sollen.
Was wird mit der Kirche in der Region? Diese Frage beschäftigt seit vielen Monaten die Katholiken im gesamten Bistum Aachen, darunter auch im Kreis Heinsberg. Die geplanten Reformen, die unter anderem eine Strukturänderung und die Einrichtung von Großpfarreien und Pastoralen Räumen vorsieht, war in den vergangenen Monaten eines der wichtigsten Gesprächsthemen.
In einer gemeinsamen Sitzung sind nun der Katholikenrat und der Pastoralrat der Region Heinsberg im Aloysius-Zentrum in Oberbruch zusammengekommen, um über den aktuellen Stand des sogenannten „Heute bei dir“-Prozesses zu reden und die Möglichkeit zubekommen, Fragen und Sorgen Ausdruck zu verleihen.
Eingeladen waren dazu Andreas Schreib und Pfarrer Thorsten Aymanns, Leitung der Stabsstelle Strategiemanagement „Heute bei Dir“ im Generalvikariat des Bistums Aachen. Diese verdeutlichten, dass es einer Neuorientierung des Lebens in den Orten von Kirchen und pastoralen Räumen gerade vor dem Hintergrund einer veränderten und sich immer schneller verändernden Gesellschaft bedarf. Sie erläuterten, wie der Prozess für eine gelingende Umgestaltung aus der Perspektive der Betroffenen in der Region gelingen kann, ohne die eigene Identität zu verlieren. Die Frage, auf die es von nun an ankomme, so wurde deutlich, sei die nach Gestaltung des Raumes, in welchem sich vor allem die vielen katholisch ehrenamtlich Engagierten wohlfühlen können.
Dass derzeit ein Wandel aufgrund von Globalisierung, Digitalisierung und zunehmender Individualisierung geschieht, stellte Andreas Schreib deutlich heraus. Womit einher geht, dass Begegnung mit Kirche nicht mehr selbstverständlich ist. Wie er ausführte, gab es im Jahr 1950 die Volkskirche mit der lehrenden Kirche und dem hörenden Volk. Ab 1970 gab es die Gemeindekirche als Mitmach- und Versorgungskirche, wobei eine Kirchenmitgliedschaft für die gesellschaftliche Teilhabe weniger relevant war. Ab 1990 in Zeiten vielfältiger Alternativangebote sei es, so Schreib, vorbei, dass man selbstverständlich Mitglied in der Kirche sei. Wer die Nähe zur Kirche suche, müsse sich nun bewegen.
Die Entwicklung für das Bistum Aachen belegten er und Pfarrer Aymanns mit Zahlen. Gab es im Jahr 2000 noch 1,2 Millionen Kirchenmitglieder so sind es in diesem Jahr nur noch eine Million Katholiken. Würden die Kirchenaustritte so weiter gehen wie bisher, könne man im Jahr 2060 nur noch von 499.000 Katholiken ausgehen. Verliere das Katholische jedoch immer mehr an Relevanz für den Einzelnen, so könne die Zahl im Jahr 2060 sogar bei rund 300.000 Katholiken liegen.
Auch das pastorale Personal nehme ab, von 800 Personen im Jahr 2000, auf 500 im Jahr 2021 und voraussichtlich rund 300 im Jahr 2030. „Diese Abwärtsspirale muss gestoppt werden, sagte Schreib.
Künftig sollen Pastorale Räumen als Orte der Nähe, wo Begegnung möglich sei, mithelfen, den Trend zu stoppen. Orte von Kirche seien beispielsweise diakonische Einrichtungen, Bildungseinrichtungen, aber auch liturgische und katechetische Angebote.
Zur Bildung dieser pastoralen Räume gibt es Kriterien, wie Andreas Schreib und Pfarrer Thorsten Aymanns erläuterten. Berücksichtigt werden unter anderem die bestehenden Sozialräume, die Orientierung an kommunalen Grenzen, historisch gewachsene Strukturen und die Chancen ökumenischer Zusammenarbeit.
Für die Mitglieder der Regionalen Räte stellten sich in der anschließenden Diskussion unterschiedliche Kritikpunkte heraus. Zum einen der als äußerst ambitioniert erachtete Zeitplan, der es sehr erschwert die Menschen in den heutigen Strukturen gut auf den angedachten Veränderungsweg mitzunehmen.
Zum anderen die bislang nicht rechtlich abgesicherte Zuweisung von Finanzen und hauptamtliches Personal an die einzelnen pastoralen Räume. Zudem blieb die Frage, wie das bisherige Leitungs- und Arbeitsverständnis der hauptamtlich in der Kirche tätigen Mitarbeiter*innen, an die Erfordernisse dieses neuen Kirchenbildes angepasst werden könne.