Kreis Heinsberg Konzept gefragt fürs "Wohnen in Vielfalt"

Kreis Heinsberg · Über die Wohnsituation im Kreis Heinsberg ist eine breite politische Diskussion entbrannt. SPD, Grüne und Freie Wähler fordern die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft. Landrat Stephan Pusch (CDU) rät davon ab.

 Wer mit über 50 neu baut, kann das Haus perfekt auf die Anforderungen im höheren Alter anpassen. Doch häufig ist es dann schwierig, einen Kredit zu bekommen. Landrat Stephan Pusch sieht es deshalb als notwendig an, dass neue Finanzierungskonzepte entwickelt werden.

Wer mit über 50 neu baut, kann das Haus perfekt auf die Anforderungen im höheren Alter anpassen. Doch häufig ist es dann schwierig, einen Kredit zu bekommen. Landrat Stephan Pusch sieht es deshalb als notwendig an, dass neue Finanzierungskonzepte entwickelt werden.

Foto: dpa/Kreis Heinsberg

Aus Sicht von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Freien Wählern geht die kommunale Baugebietspolitik zu einem großen Teil in die falsche Richtung. Es würden weitere Neubaugebiete auf der grünen Wiese errichtet, während die Dorfzentren verödeten. Die drei Fraktionen beklagen, dass einerseits kleine und günstige Wohnungen für Sozialleistungsempfänger und Geringverdiener fehlten. Andererseits entstehe neuer Bedarf aufgrund der aktuellen Zuwanderung und der zunehmenden Tendenz zu allein lebenden Menschen. Außerdem seien mehr und mehr Angebote für alternative Wohnformen gefragt, zum Beispiel Mehrgenerationenhäuser und für Wohngemeinschaften im Alter. Historische Dorfkerne mit erhaltenswürdigen und die Dorfzentren prägenden Häusern stünden vielfach leer, weil das Angebot auf der grünen Wiese günstiger sei.

Das Thema Wohnungssituation im Kreis Heinsberg wird zurzeit in allen Kreistagsfraktionen intensiv diskutiert. Anlass dafür geben die Daten des Sozialmonitorings und der Quartiersentwicklung, die von der Kreisverwaltung veröffentlicht wurden. Auch das in Arbeit befindliche Kreisentwicklungskonzept wird sich intensiv mit dem Thema "Wohnen" befassen müssen, da hierfür die demografischen Daten Anlass geben.

Bei der prognostizierten Entwicklung der Privathausalte im Kreis Heinsberg in den Jahren 2010 bis 2030 fällt auf, dass die Zahl der Haushalte mit nur ein oder zwei Personen um 15,4 Prozent auf 83.000 signifikant steigen wird, während die Zahl der Haushalte mit drei und mehr Personen um rund 18,4 Prozent auf 31.000 deutlich geringer abnimmt. Es werden künftig vor allem kleinere Wohnungen gebraucht, die nach Möglichkeit altersgerecht gestaltet sind. Im Gebiet des Kreises Heinsberg entsprechen viele Wohnungen nicht mehr den heutigen Standards und müssten modernisiert werden.

Die Stabsstelle Demografischer Wandel und Sozialplanung der Heinsberger Kreisverwaltung hat im Kontext der aktuellen Arbeiten an einem Kreisentwicklungskonzept ein neunseitiges Strategiepapier vorgelegt, das demnächst in den Fraktionen beraten wird. Darin wird die für die Wohnsituation im Kreis Heinsberg charakteristisch hohe Eigentümerquote (59,1 Prozent) beschrieben. Zum Vergleich: Die Eigentümerquote im Landesdurchschnitt liegt bei 42,9 Prozent. Auch der Anteil von Wohnungen im Kreis Heinsberg, die vom Eigentümer selbst bewohnt werden (55,6 Prozent), ist außergewöhnlich hoch (Landesdurchschnitt 40,4 Prozent). Landrat Stephan Pusch (CDU) meint, dass diese Besonderheit in der Diskussion über die Frage, wie das "Wohnen in Vielfalt" im Kreis Heinsberg ermöglicht werden kann, unbedingt berücksichtigt werden sollte. Aus seiner Sicht wäre die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, die naturgemäß in Konkurrenz zu den starken privatwirtschaftlichen Bauunternehmen im Kreis Heinsberg treten würde, der falsche Weg. "Besser wäre es, wenn wir die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Eigentümer ihre Wohnungen quartiersgerecht umbauen und erneuern können", sagt er.

Der Kreis Heinsberg sollte nach Meinung des Landrats in enger Kooperation mit den Städten und Gemeinden Kontakt zu den privaten Eigentümern aufnehmen. Dabei werde es von entscheidender Bedeutung sein, die Relevanz und den Nutzen der Handlungsziele für die Eigentümer deutlich zu machen. In diesem Verständnis wäre Stadterneuerung eine Gemeinschaftsaufgabe von privaten Investoren und der öffentlichen Hand, bei der beide Seiten von einem abgestimmten Vorgehen profitieren sollen. Als Instrumente eigneten sich dafür beispielsweise Urban Improvement Districts bzw. öffentlich-rechtlich strukturierte Eigentümerstandortgemeinschaften. Der Landrat will auch die Finanzinstitute mit ins Boot holen, denn es seien neue und möglicherweise generationenübergreifende Finanzierungskonzepte für Wohnungsumbauten, -modernisierungen und -erweiterungen gefragt. Denn es sei richtig, dass bei der Wohnungsbaupolitik in Generationen und nicht in Wahlzeiträumen gedacht werden müsse.

Ähnlich sieht das die FDP: "Wenn Handlungsbedarf besteht, sehen wir den Kreis in der Pflicht, die richtigen Rahmenbedingungen hinsichtlich Planungsvorgaben und Genehmigungsverfahren zu schaffen statt sich unternehmerisch in Form einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft zu engagieren. Gerade hier gehen wir von hohen Kosten für unsere Kommunen und damit für unsere Bürger aus", sagt FDP-Fraktionschef Stefan Lenzen.

(RP)
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