Wassenberg Erste Gesamtschule wird 20

Wassenberg · Wassenberg steht heute fest zu seiner Betty-Reis-Gesamtschule. Vergessen ist das Tauziehen um die erste Gesamtschule im Kreis in den 80er Jahren. Drei Gründungslehrer erinnern sich an diese aufregende Zeit.

"Elefantastisch" will die Betty-Reis-Gesamtschule Wassenberg am Samstag ab 11 Uhr ihr zwanzigjähriges Bestehen feiern. Das Wortspiel verweist auf das Markenzeichen der bei ihrer Gründung ersten von heute drei Gesamtschulen im Kreis Heinsberg: den Elefanten. Warum das Rüsseltier zum Schulsymbol wurde, das sogar Tassen ziert, erzählt Heinrich Spiegel, Schulleiter seit der Gründung, in kleiner Runde mit seinen pensionierten Kollegen Sepp Becker und Barbara Kaiser. Beide regten vor zweieinhalb Jahrzehnten die Wassenberger Gesamtschule mit an und hoben sie mit aus der Taufe.

Herber Gegenwind

Sie erinnern sich an die aufregende Zeit nach der denkbar knappen Ablehnung der Gesamtschule im Wassenberger Schulausschuss Ende Mai 1989, der dann am 20. Juni — nach Aktionen der Elterninitiative — ein zustimmender Ratsbeschluss folgte. Vier Jahre lang hatte zuvor die Bedürfnisermittlung in den zehn Städten des Kreises nie die für eine Stadt notwendige Zahl ergeben. Zusammenschlüsse und eine Kreisträgerschaft wurden diskutiert, bevor sich in Wassenberg der nötige Rückhalt auch der Stadt abzeichnete. Nach anfänglich herbem Gegenwind.

Bert Brechts Geschichte "Herrn Keuners Lieblingstier" las Spiegel, der aus Köln schon Gesamtschulerfahrung mitbrachte, den Lehrern des Gründungskollegiums bei der ersten Konferenz vor. Brecht schildert die vielen Eigenschaften der sensiblen und klugen Dickhäuters, die so recht zur Schulidee passten. "Darin konnten wir uns alle wiederfinden", sagt Barbara Kaiser, auch in dem Satz "Seine Ohren sind verstellbar: Er hört nur, was ihm passt."

Denn dieser ersten Konferenz waren Jahre hartnäckiger Auseinandersetzung um die befürchtete "Lernfabrik" Gesamtschule ins Land gegangen. Sie galt vielen immer noch als linkes Projekt, wie Sepp Becker einräumt. Dabei hatte er als Wassenberger Hauptschulrektor und fest im katholischen Sozialleben verankertes Kind der Oberstadt das Gedankenspiel Gesamtschule mit Mitstreiten in der Kreisgruppe der Erzieher-Gewerkschaft GEW, später unterstützt von der KAB, angestoßen. "Ich war Mitte der Siebziger Jahre in eine vierzügige Hauptschule Wassenberg gekommen, die Ende der 90er Jahre nur noch einzügig war." Becker wie auch Kollegin Barbara Kaiser, später Didaktische Leiterin der Schule, empfanden die Zukunftsperspektiven einer "Restschule" als deprimierend. Kaiser hatte die Auflösung "ihrer" früheren Hauptschule Immendorf miterlebt und konnte der Idee einer Gesamtschule weiterentwickelten Typs — also mit überschaubarer Dimension und befreit von der Ideologie der Anfangsjahre — einiges abgewinnen.

Es gab Mitstreiter unter den Hauptschulkollegen, von denen später etliche in der Gesamtschule mitarbeiteten, aber die Vorbehalte in der damals zweizügigen Wassenberger Realschule seien immens gewesen, erinnert sich Becker. Aber ebenso stark sei der wachsende Rückenwind durch die kreisweite Elterninitiative geworden.

(RP)
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