Landwirte im Erkelenzer Land Kampf gegen die Dürre

Erkelenzer Land · Bei der Ernte 2020 gibt es im Erkelenzer Land bislang ein sehr heterogenes Bild. Während einige Landwirte Rekorde vermeldeten, fuhren andere große Verluste ein. Sie zerbrechen sich den Kopf darüber, was sie gegen die anhaltende Trockenheit unternehmen können.

 Ein Mähdrescher in einem Feld bei Hückelhoven. Die Getreideernte im Erkelenzer Land ist im Jahr 2020 sehr unterschiedlich ausgefallen.

Ein Mähdrescher in einem Feld bei Hückelhoven. Die Getreideernte im Erkelenzer Land ist im Jahr 2020 sehr unterschiedlich ausgefallen.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Die große Hitze scheint im Erkelenzer Land für dieses Jahr Geschichte zu sein. Doch das ändert nichts daran, dass es bereits das dritte Jahr in Folge zu warm und zu trocken ist. Für die ohnehin schon arg gebeutelten Landwirte der Region ein weiterer harter Schlag, der auch finanziell an die Substanz geht. Wobei die Erntebilanz je nach Beschaffenheit der Böden bislang sehr unterschiedlich ausfällt.

Der für Statistik zuständige Landesbetrieb IT.NRW meldet, dass in Nordrhein-Westfalen insgesamt 3,83 Millionen Tonnen Getreide (ohne Mais) geerntet wurden, das entspricht einem Rückgang von 2,9 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2019. Ein spezieller Blick auf den Winterweizen, die anbaustärkste Brotgetreideart in NRW, offenbart dagegen eine Ertragssteigerung: 2020 gab 8,62 Tonnen pro Hektar, was einer Steigerung von 3,2 Prozent gegenüber dem Sechsjahresschnitt bedeutet. Ein heterogenes Bild, das sich auch im Erkelenzer Land wiederfinden lässt. „Es gibt einige Landwirte, die haben von Rekorderträgen gesprochen, andere wiederum sind deutlich unter den Durchschnittswerten geblieben“, sagt Bernhard Conzen in seiner Funktion als Vorsitzender der Kreisbauernschaft Heinsberg.

Der Ertrag hinge ganz stark von der Qualität des Bodens ab. So habe die Ernte auf den guten Böden in der Erkelenzer Börde, die nährstoffreicher sind und besser Wasser binden können, rund 15 Prozent zugelegt, während die eher sandigen Böden im Raum Wegberg und Wassenberg Einbrüche bis zu 30 Prozent erlebt hätten. Doch auch wenn einige Landwirte glimpflich davongekommen seien, so Conzen, ändere das nichts an der dramatischen Situation der Branche insgesamt. „Früher gab es alle zehn Jahre mal eine so extreme Trockenheit, das konnten die Bauern dann gut verkraften. Bei drei Jahren in Folge wird es aber eng. Die Gewinnmargen sind einfach zu klein, um sich in dieser Zeit eine Rücklage zu schaffen“, erklärt Conzen.

Besonders dramatisch sieht er aktuell die Lage beim Anbau von Futterpflanzen wie Mais, die selbst auf guten Böden Probleme haben. So müssten einige Landwirte schon die Ernte aus dem Vorjahr an ihr Vieh verfüttern, würden aber aus der nächsten Ernte wahrscheinlich nicht genug Ertrag erzielen, um übers Jahr zu kommen. Dann müsse Futter zugekauft werden, was ein neuerliches Loch in die Betriebskasse reiße. Davon kann Hubert Fell ein Lied singen, denn der Ortslandwirt für Erkelenz hat 50 Milchkühe und baut auch Futtermais für sie an. Die am 5. Mai ausgebrachte sogenannte Zwischenfrucht müsste laut Fell zum jetzigen Zeitpunkt normalerweise schon drei bis vier Meter groß sein, es sind aber nur 1,50 Meter. Zudem haben viele Pflanzen keine Kolben gebildet. „Wenn Ende September geerntet wird, droht ein Verlust zwischen 50 Prozent und Totalausfall“, erklärt Fell.

Bei einem Blick auf die Felder der Region wird deutlich, dass viele Landwirte versuchen, mit Bewässerungsanlagen gegen die anhaltende Trockenheit anzukämpfen. Doch auch die garantieren laut Fell keinen Erfolg, weil sie zunächst hohe Investitionskosten zwischen 50.000 und 60.000 Euro verursachen, von denen völlig unklar sei, ob sie wieder reingeholt würden. Zumal das Wasser auch zusätzlich Geld kostet. Und wer einen Brunnen bohren lässt, müsse auch tief in die Tasche greifen. Als eine sinnvollere Maßnahme, mit der Ackerbauern in den aktuell schwierigen Zeiten geholfen werden kann, erachtet Fell ein Projekt der Stadt Erkelenz, bei dem Privatleute sich finanziell daran beteiligen können, Ackerfläche in Grünflächen umzuwandeln. So kann der Landwirt mit festen Einnahmen kalkulieren und gleichzeitig wird etwas für den Erhalt der Artenvielfalt getan.

Der Ortslandwirt appelliert aber auch an die Politik, international für vergleichbare Voraussetzungen unter den Bauern zu sorgen. „Unser Problem ist, dass wir unter strengen Auflagen höchste Qualität liefern sollen, die nichts kosten darf. Im Ausland darf dagegen zum Beispiel Spritzmittel eingesetzt werden, das bei uns nicht zugelassen ist“, erklärt Fell. Er will sich am Wochenende mit hunderten Kollegen auf den Weg nach Koblenz machen, wo sich die EU-Agrarminister treffen, um für eine Gleichbehandlung zu demonstrieren. Auch Bernhard Conzen will die Politik mit ins Boot holen, um die Landwirte besser vor den Folgen der anhaltenden Dürrejahre zu schützen. Der Bauernverband fordert, die sogenannte Mehrgefahren-Versicherung um die Trockenheit zu erweitern. In Nachbarstaaten wie Luxemburg und Frankreich übernehme der Staat schon einen großen Teil der Prämie, damit bei großen Ernteverlusten zumindest kostendeckend gearbeitet werden könne.

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