Hans Josef Dederichs Ein grüner Brudermeister für den Landtag

Erkelenz · Die Grünen haben Hans Josef Dederichs aus Kuckum als Kandidaten für die Landtagswahl im Mai 2017 nominiert. Der 52-Jährige möchte vor allem den Umsiedlern in Düsseldorf eine Stimme geben.

 Hans Josef Dederichs im Gespräch mit der RP.

Hans Josef Dederichs im Gespräch mit der RP.

Foto: Ruth Klapproth

Herr Dederichs, Sie kamen 1996 im Kampf gegen den Braunkohlentagebau Garzweiler II zu den Grünen. Wie beurteilen Sie die Entscheidung, den Tagebau zu verkleinern und auf weitere Umsiedlungen zu verzichten?

Dederichs Der Kompromiss ist vertretbar. Doch jetzt geht es darum, strukturiert die Zukunft der vom Tagebau betroffenen Menschen zu planen. Das ist bisher nicht geschehen. Und das kann kein Außenstehender machen. Ich möchte nicht nur den Umsiedlern eine Stimme im Landtag geben, sondern allen Tagebaubetroffenen, auch denen, die am Grubenrand leben werden. Durch den Kompromiss bleibt Holzweiler eine Umsiedlung erspart. Damit ergibt sich für die betroffenen Menschen aber auch eine ganz neue Lebenssituation.

Wie beurteilen Sie das Klimacamp?

Dederichs Das Klimacamp ist grundsätzlich gut, weil es um Aufklärung geht. Doch während ich den Kontakt zu den Menschen, die das Klimacamp ermöglichen, aus vollstem Herzen unterstütze, lehne ich zugleich jegliche Form der Rechtsverstöße im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung ab. Die Aktionen sollten sich immer auf rechtsstaatlichem Boden bewegen. Das, was zuletzt im Hambacher Forst abging, geht aus meiner Sicht gar nicht. In der Braunkohlenthematik geht die psychische Gewalt gegenüber den Betroffenen von RWE aus. Darum sehe ich das Unternehmen in der Pflicht. Diesen "Vorteil" sollten wir uns nicht durch einen Widerstand nehmen lassen, der Rechtsverstöße beinhaltet. Viel besser ist es doch, in der politischen Diskussion die vielen guten Argumente für den Klimaschutz einfach für sich sprechen zu lassen.

Verfolgen Sie als Polizist die politische Diskussionen um die Innere Sicherheit mit besonderem Interesse?

Dederichs Man sollte die Probleme beim Namen nennen: Vor allem im ländlichen Bereich wie dem Kreis Heinsberg fehlen der Polizei Leute. Zwar wird in NRW versucht, durch 2000 Neueinstellungen pro Jahr den Engpass aufzufangen. Doch ich sehe weitere Probleme, die kurzfristig Lösungen erfordern, zum Beispiel in der Flüchtlingsthematik. Bei Polizeieinsätzen gibt es das Problem, dass Migranten kein Deutsch sprechen. Hier könnten geeignete Dolmetscher weiterhelfen, die aus den Reihen der Migranten selber kommen. Diese sollte man bei der Jobvergabe berücksichtigen. Das wäre auch ein deutliches Signal des Vertrauens gegenüber den Zuwanderern.

Seit den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht kursiert die Frage durch Wahlkämpfe, Talkshows und Internetforen, ob durch die Flüchtlinge die Kriminalität in Deutschland steigt.

Dederichs Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigt, dass es nicht so ist. Das deckt sich mit meiner Erfahrung. Als Polizist bin ich viel in Übach-Palenberg und Geilenkirchen unterwegs. Dort gibt es mehr als 800 Flüchtlinge. Aus dienstlichen Gründen habe ich keine zehn von ihnen kennengelernt. Aber ja, in anderen Parteien wird aus Wahlkampfgründen die Angst vor dem Fremden geschürt. Das sind Stammtischparolen. Da müssen wir Grüne ganz bewusst gegenhalten.

Worauf kommt es bei der Polizeiarbeit an?

Dederichs Die Polizei muss stark genug sein, um den Rechtsstaat und das Grundgesetz jederzeit zu schützen und Straftaten zu unterbinden. Dabei sollten die Grundrechte der Menschen möglichst wenig eingeschränkt werden. Denn Freiheit ist in unserer Gesellschaft das höchste Gut. Ich möchte weder Videokameras an jeder Ecke sehen noch die Bundeswehr als Hilfspolizei. Aus gutem Grund haben beide Organisationen eine völlig andere Ausbildung und Aufgabenbereiche.

Wie beurteilen Sie die Arbeit ihrer Parteifreundin Ruth Seidl aus Wassenberg, die nicht mehr für den Landtag kandidieren wird.

Dederichs Ruth Seidl hat eine erstklassige Arbeit gemacht, und das nicht nur auf den klassischen "grünen" Themenfeldern. Sie hat zum Beispiel auch dafür gesorgt, dass Erkelenz ein neues Amtsgericht bekommt. Auch für den Bau der Ortsumgehungen B221 neu um Wassenberg und L117n um Ratheim und Millich hat sich Ruth Seidl vehement eingesetzt, weil sie tief davon überzeugt ist, dass dies vielen Menschen in ihrer Heimat zugutekommt.

Wann werden Sie wegen des vorrückenden Tagebaus ihre alte Heimat verlassen müssen?

Dederichs Schweren Herzens hoffe ich auf eine gütliche Einigung mit RWE und dass ich 2018 an unserem neuen Standort zwischen Erkelenz, Rath-Anhoven und Borschemich- neu bauen kann. Ich wohne sehr gerne in Erkelenz und halte das Erkelenzer Land für einen der schönsten Flecken Erde weit und breit.

Sie sind Brudermeister der St.-Antonius-Bruderschaft, der größten Schützenbruderschaft im Erkelenzer Stadtgebiet - nicht unbedingt ein typisches Ehrenamt für einen Grünen-Politiker.

Dederichs (lacht) Mir liegt eben alles am Herzen, was an der Niers liegt. Heimat und Nachbarschaft waren mir schon immer sehr wichtig, und dafür habe ich mich engagiert. Zum Beispiel als Vorsitzender der Bürgerinitiative "Stopp Rheinbraun", um unsere Heimat zu erhalten, und als Brudermeister, um das Brauchtum zu fördern. Seit 1989 bin ich im Vorstand der Bruderschaft aktiv. Als Fan des SV Niersquelle bin ich aber auch ein großer Freund des Kreisliga-Fußballs in meiner Heimat.

MICHAEL HECKERS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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