Kreis Heinsberg Diebe räumen Kanaldeckel ab

Kreis Heinsberg · Ein weltweit verbreitetes Problem schwappt derzeit wie eine Welle über das Kreisgebiet: Kanaldeckel-Diebstähle in großem Stil verzeichnet die Polizei seit Juli. Offene Schächte haben zum Glück noch keine Unfälle verursacht.

 Offene Gullys und Kanalschächte stellen eine große Gefahr vor allem für Fußgänger und Radfahrer dar.

Offene Gullys und Kanalschächte stellen eine große Gefahr vor allem für Fußgänger und Radfahrer dar.

Foto: Endermann (Archiv)

Bis zu ein Dutzend Kanalabdeckungen verschwindet in einer Nacht, meist aus ruhigen Straßen oder Wirtschaftswegen — mehr als 160 sind es bis jetzt. Bei der Kripo gibt es mittlerweile eigens einen Bearbeiter, und der bekommt täglich neue Fälle auf den Tisch. Acht Kanaldeckel, so der Polizeibericht von gestern, verschwanden zwischen Sonntag und Montag von einem Ratheimer Wirtschaftsweg, der Verlängerung der Korstenstraße in Richtung Zechenring. Neben Geilenkirchen (59 Fälle) wird Hückelhoven derzeit besonders stark heimgesucht. Vom 24. bis 26. Juli wurden laut Polizei hier bereits 13 Kanaldeckel gestohlen — und gefährliche Löcher hinterlassen.

Hundert Euro Schaden pro Stück

"Leider verzeichnen wir eine außergewöhnlich hohe Fallzahl in diesem Jahr", berichtete Polizeihauptkommissar Wilfried Peters in der Polizei-Pressestelle. Motiv ist wohl die Verwertung des Metalls. Im April und ab Juli gab es verstärkt Anzeigen im Bereich des Kriminalkommissariats West, jetzt gibt es erste Fälle im Bereich Ost. Neben Geilenkirchen war Heinsberg betroffen mit 15 Fällen, davon acht in Dremmen, in Gangelt wurden 19 Diebstähle entdeckt, elf allein in der Nacht zum 2. Juli, in Selfkant wurden am vergangenen Montag vier Fälle bekannt. "Da der Erlös pro Deckel nur bei zehn bis 20 Euro liegen dürfte, wird eine entsprechend größere Anzahl gestohlen", so Peters. Um die hundert Euro pro Stück beträgt der Schaden für Kommunen.

Ob Europa, Karibik oder Asien — Kanaldeckeldiebe sind seit Jahren auf Beutezug. Das Domrep-Magazin vom 14. August titelt "Todesgefahr wegen fehlender Kanaldeckel", Santo Domingo hat Deckel aus Glasfaser und Recycling-Kunststoff sowie Beton eingeführt. Im Oktober 2011 nahm die Polizei auf Mallorca drei Personen fest, die 300 Kanaldeckel in Palma gestohlen haben sollen. Im Sommer 2011 suchte die Stadt Düsseldorf mit einem Aufruf zur Wachsamkeit dreiste Gulli-Diebe, rund 120 Ablaufroste fehlten an Straßenrändern. Im Januar sind in Düsseldorf erneut 50 Gullydeckel aus ruhigen oder unbewohnten Nebenstraßen gestohlen worden. Ein runder Kanaldeckel, meist mit Beton aufgefüllt, wiegt um die 70 Kilo. Einzeltäter können die nicht stemmen. Und es müssen Fahrzeuge im Einsatz sein, die eben nicht vom städtischen Bauhof stammen. Schwerer als Sachschaden wiegt für die Polizei die Gefahr für Verkehrsteilnehmer. "Glücklicherweise sind Folgen für Leib und Leben von Unbeteiligten ausgeblieben", so Wilfried Peters. Hückelhovens Stadtsprecher Holger Loogen äußerte sich erleichtert, dass noch niemand im Dunkeln in ein Loch getappt ist: "In einem Fall lag ein riesengroßer Hauptsammler darunter, das sind Bauwerke mit tiefem Wasser."

Gemeingefährliche Straftat

Das Entfernen von Kanaldeckeln, bisher eher als "Streich" geläufig, zählt zu den gemeingefährlichen Straftaten. Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs so beeinträchtigt, dass "Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet" werden, wird nach § 315b mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(RP)
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