Kochgeschichte im Erkelenzer Land So isst man zwischen Wurm und Schwalm
Kreis Heinsberg · Kein Kochbuch und keine Einladung zum Fünf-Gänge-Dinner – aber Ulrich Hollwitz hat mit „Das wird gegessen!“ schöne Episoden über die niederrheinische Ess- und Lebensmittelkultur geschrieben.
Das wird gegessen!“ Klingt so eine Einladung zu einem abendlichen Fünf-Gang-Diner? Nein! Ist das der Titel eines Kochbuchs? Erst recht nicht! „Das wird gegessen!“ ist eine Feststellung, an die sich viele Menschen, vor allem vor 1970 geborene, an Rur, Wurm, Niers und Schwalm noch gut erinnern können. Die Feststellung ist auch der Titel eines kleinen Buchs, das in diesen Tagen frisch erscheint und mit dem Untertitel „Genussgeschichten von früher“ nicht nur den Titel-Kommandoton relativiert, sondern in die Erinnerungskultur der Vor-Weihnachtszeit passt.
Ulrich Hollwitz ist der Autor, ein 1960 in Heinsberg geborener Journalist, der als Redakteur einer Lokal-Tages-Zeitung den Menschen an den vier genannten Flüssen und Bächen zuhören und auf den Teller schauen konnte. Sich selbst eingeschlossen.
Dass es in den 60er und 70er Jahre einerseits „ein kleiner Feinschmecker nicht immer leicht hatte“, sagt der Buchtitel – andererseits lernte man Gerichte und Lebensmittel kennen, die man bei freier Wahl nie in Erwägung gezogen hätte. In gut zwei Dutzend Episoden geht es einerseits um „Eintopf mit Rippchen“, um Schweinskopfsülze und Hirn – andererseits um feine Leberwurst und Frikadellen, um Mutters Nachtisch und den leckeren Omakuchen. Also um „das geht gar nicht“ und um „hm, zauberhaft“.
Viele Sinneseindrücke bleiben in Erinnerung, manchmal für Jahre überdeckt, dann reicht wieder ein Stichwort oder ein kleiner Reiz, um beispielsweise Geschmäcker wieder voll präsent zu haben. Ulrich Hollwitz will weder frühere Erziehungsmethoden auferstehen lassen, noch will er belehrend wirken, er möchte einfach mehr Bewusstsein für die täglichen Lebensmittel wecken, und schon gar nicht „früher war sowieso alles besser“ propagieren. Wiederentdecken kann man es auch nennen, oder Neuentdecken für die mit der (Un-)Gnade der späten Geburt. Lebensmittel in Geschichten verpackt aus Zeiten, in denen es sie unverpackt im Laden, in der Metzgerei, in der Bäckerei gab, die „Rohlinge“ für die Brötchen noch nicht aus Frankreich oder Ostasien kamen.
Schon in der ersten Episode geht es um die Wurst und was dazu gepasst hat.Feine Leberwurst zu einem soliden Schwarzbrot etwa, das womöglich zum Aussterben verdammt ist, weil der solide Traditionsbäcker ausstirbt. Müssen dann alle feine Leberwurst auf Rosinenweißbrot essen? Oder Schinkenwurst mit Nutella?
Lebens-Mittel aus dem eigenen Garten? Vor 40, 50 Jahren vor allem auf dem Land eine Selbstverständlichkeit für Gemüse und Früchte in Boden-Freilandhaltung ohne Zusatzstoffe und Konservierungsmittel. Wenn heute auch Grundstücke kleiner sind, empfiehlt der begeisterte Hobby-Kunst-Fotograf Hollwitz, Mitglied der Künstlergruppe im Hückelhovener Verein „Canthe“, selbst die Nutzung einer kleinen eigenen Scholle.
Schon die Episoden-Titel machen Lust zum Lesen: „Warum es sich nicht lohnen würde, Eintopf mit Rippchen nach Afrika zu schicken“, erörtert Hollwitz. „Waldmeisterbrause und andere DDR-Spezialitäten“ werden behandelt, und zu guter Letzt festgestellt: „Es wird nichts weggeschmissen!“