Landrat warnt vor verfrühter Exit-Debatte Kreis Heinsberg soll Modellregion in Corona-Krise werden

Düsseldorf/Kreis Heinsberg · Landrat Pusch warnt in der Coronakrise vor einer verfrühten Ausstiegsdebatte. Der Kreis Heinsberg nimmt an einer Studie teil.

 Stephan Pusch, Landrat des besonders stark vom Coronavirus betroffenem Kreis Heinsberg, spricht während einer Pressekonferenz in der Staatskanzlei in Düsseldorf.

Stephan Pusch, Landrat des besonders stark vom Coronavirus betroffenem Kreis Heinsberg, spricht während einer Pressekonferenz in der Staatskanzlei in Düsseldorf.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Landrat Stephan Pusch hat am Freitag (27. März) in der Düsseldorfer Staatskanzlei am Presse-Briefing der nordrhein-westfälischen Landesregierung zur aktuellen Lage im Rahmen der Coronavirus-Pandemie in NRW mit Ministerpräsident Armin Laschet, Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann und Hendrik Streeck, Virologe der Uniklinik Bonn, teilgenommen. Pusch warnte dabei ausdrücklich vor einer verfrühten Debatte über Ausstiegsdaten. „Wenn jemand in Deutschland weiß, was es heißt, mit dem Coronavirus zu leben, dann sind es die Menschen im Kreis Heinsberg“, sagte Landrat Pusch.

Der Virologe Hendrik Streeck von der Universität Bonn wird ab Montag, 30. März, mit einem Team von 20 medizinischen studentischen Hilfskräften die Infektionsverläufe im Kreis Heinsberg erforschen: Sein Wissenschaftsteam befragt Patienten, um mögliche Kausalketten mit Vorerkrankungen zu erfassen und hieraus Präventionsempfehlungen für die gesamtdeutsche und europäische Bevölkerung zu generieren.

Landrat Stephan Pusch begrüßt diese Untersuchungen im Kreis Heinsberg. Nun werde gemeinsam überlegt, wie der Kreis Heinsberg, der zweieinhalb Wochen vor der Lage in Deutschland sei, dazu beitragen könne, unter wissenschaftlichen Aspekten, aber auch unter Einbindung der Praxis vor Ort, der Politik und der lokalen Krisenstäbe zu definieren: Unter diesen Bedingungen könnte man ein vernünftiges Ausstiegsszenario umsetzen.

Für eine solche Studie ist der Kreis Heinsberg nach Ansicht von Landrat Pusch genau der richtige Ort, da in seinem Landkreis die Zahl der aktuell infizierten Menschen bereits stagniere. Diese Entwicklung werde von den drei Krankenhäusern im Kreis Heinsberg in Erkelenz, Heinsberg und Geilenkirchen bestätigt. „Wir haben zwar nach wie vor eine Menge Leute, die erkrankt sind, und die auch zum Teil stationär behandelt werden müssen, aber wir haben keine Wachstumszahlen, die darauf hindeuten, dass bei uns eine Situation eintreten kann, wie wir sie alle aus Italien kennen.“ Pusch zeigte sich „vorsichtig optimistisch, dass der Kreis Heinsberg der Kreis ist, wo man auch das Ausstiegsszenario, was wir alle brauchen und herbeisehnen, am besten erforschen kann, weil wir vielleicht schon in einer Lage sind, wo man da auch darüber nachdenken kann.“

Mit Blick auf das seit Montag, 23. März, in NRW geltende strenge Kontaktverbot warnte Landrat Pusch davor, bereits nach fünf Tagen zu fragen, was die Maßnahmen gebracht hätten. „Das ist viel zu früh. Wenn uns das Virus etwas gelehrt hat, dann ist es, dass es sich nicht in die modernen Abläufe einfügt, sondern dass es seinen eigenen Rhythmus hat, und dass Dinge, die ich tue, auch zwei Wochen brauchen, bis die Ergebnisse ankommen.“

Mit Blick auf die frühzeitig beschlossene Schließung von Schulen und Kitas (seit 26. Februar) und der von ihm seit längerem propagierten „Ausgangssperre light“ zeigt sich Pusch überzeugt davon, dass im Kreis Heinsberg vieles richtig gemacht worden sei. Das Land habe viele Maßnahmen übernommen, wie das Schließen von Kitas und Schulen, Empfehlungen an die Bevölkerung, Schutz vulnerabler Einrichtungen und das Herunterfahren aufschiebbarer Operationen in den Krankenhäusern, um Kapazitäten für die Behandlung von Corona-Patienten zu schaffen.

„Wir freuen uns als Kreis Heinsberger, dass wir Modell sein können. Und freuen uns noch mehr, dass wir jetzt mit der Wissenschaft und dem Land an unserer Seite als Bürger im Kreis Heinsberg dabei helfen können, an der Praxis und in Echtzeit zu forschen, um dann ein Szenario entwickeln und bestimmen zu können: unter diesen Voraussetzungen ist es möglich, das Leben wieder in normale Bahnen zu lenken.“ Der Kampf gegen das Coronavirus könne nur dann erfolgreich sein, wenn er als Teamleistung erfolgt, sagte Pusch.

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