Bundestagswahl 2021 im Kreis Heinsberg CDU und Oellers trotz Verlusten vorne

Kreis Heinsberg · Gewonnen und doch verloren: Wilfried Oellers (CDU) vertritt den Kreis Heinsberg weiterhin im Bundestag in Berlin. Doch der 46-Jährige und die CDU mussten herbe Verluste einstecken.

 Wilfried Oellers (Mitte, CDU) bleibt in Berlin: Er hat das Direktmandat im Kreis Heinsberg erneut geholt. Landrat Stephan Pusch (l.) und CDU-Kreisvorsitzender Bernd Krückel gratulierten am Wahlabend im Heinsberger Kreishaus.

Wilfried Oellers (Mitte, CDU) bleibt in Berlin: Er hat das Direktmandat im Kreis Heinsberg erneut geholt. Landrat Stephan Pusch (l.) und CDU-Kreisvorsitzender Bernd Krückel gratulierten am Wahlabend im Heinsberger Kreishaus.

Foto: Ruth Klapproth

Wilfried Oellers lächelte auf seinem Siegerfoto – doch von Glück und Zufriedenheit konnte beim CDU-Politiker, der den Kreis Heinsberg auch in den kommenden vier Jahren im Bundestag als Direktkandidat vertreten wird, keine Rede sein. 39,7 Prozent der Erststimmen holte Oellers, 32,3 Prozent der Zweitstimmen seine CDU. Die Christdemokraten haben die Wahl damit klar gewonnen – und waren doch der Verlierer des Abends.

„Das ist ein schlechtes Ergebnis, da gibt es nichts zu beschönigen“, sagte Oellers. Von 53,4 Prozent im Jahr 2013 über 45,6 im Jahr 2017 setzt sich der Abwärtstrend klar fort. „Diese Wahl gibt uns den Auftrag, in den nächsten Jahren inhaltlich intensiv zu arbeiten, um unser Defizit auszugleichen – und das hoffentlich in Regierungsverantwortung.“ Der 46-Jährige, der in seine dritte Amtszeit in Berlin gehen wird, will sich mit einer Rolle in der Opposition noch nicht abfinden.

Dass Oellers trotz aller Verluste mit Abstand gewonnen hat, war für ihn nur ein schwacher Trost. „Heinsberg bleibt ein bürgerlich-konservativer Kreis. Aber es muss uns zu denken geben, dass wir 2013 noch an der 50-Prozent-Marke gekratzt haben. Das zeigt, welche Möglichkeiten wir haben, aber auch, dass wir sie nicht ausschöpfen konnten.“

Auch der CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Schnelle sprach von einem „klaren Rückschlag“, sowohl auf Bundesebene als auch im Kreis. „Dass die Prognosen zwischenzeitlich noch schlechter aussahen, ist da nur ein schwacher Trost.“ Das Problem liegt für Oellers vor allem am bundesweiten Trend: „Man sagt, dass ein Kandidat vor Ort vielleicht drei bis vier Prozentpunkte beeinflussen kann. Es war also abzusehen, dass wir an Stimmen einbüßen.“

Ist der Kreis Heinsberg damit noch ein schwarzer? Ja, sagen sowohl Oellers als auch Schnelle. „Das hat man ja auch bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr deutlich gesehen“, so Schnelle. Aber: „Diese Sicherheit, die es vor 20 bis 30 Jahren noch gab, die hat man in der Politik mittlerweile nicht mehr.“

Enttäuscht war auch Norbert Spinrath. Ob er es über die Landesliste, auf der er Rang 35 belegt, gerade noch in den Bundestag geschafft hat, war bei Redaktionsschluss noch nicht klar – bereits 2017 hatte Spinrath bis zum Schluss gezittert, um den Einzug in den Bundestag schließlich hauchdünn zu verpassen. Seinen 64. Geburtstag hatte sich der Sozialdemokrat etwas anders vorgestellt. „Ich habe mir ein Herzschlagfinale erhofft, ein knappes Rennen bis zum Schluss. Herr Oellers hat deutlich an Stimmen eingebüßt, aber mir ist es nicht gelungen, davon zu profitieren.“

Spinrath hatte gehofft, vom deutschlandweiten SPD-Hoch zu profitieren: „Ich habe mal gesagt, dass im Kreis Heinsberg selbst Willy Brandt in seinen besten Tagen nicht gewonnen hätte. Aber ich habe in diesem Jahr schon davon geträumt, den Kreis rot zu färben.“ Dennoch überwiege die Freude über den SPD-Wahlsieg: „Wir sind aus dem Tal der Tränen raus. Olaf Scholz hat bewiesen, dass er kompetent ist, ein Macher, ein Anpacker.“ Ganz anders war das Stimmungsbild bei den Grünen. Blieben sie bundesweit deutlich hinter den eigenen Erwartungen zurück, feierten sie im Kreis ein historisch gutes Ergebnis: Von 5,17 Prozent 2017 schafften sie es, ihr Ergebnis mehr als zu verdoppeln. „Wir sind sehr zufrieden“, sagte Kandidatin Dignanllely Meurer. Dass ihre Partei dennoch einige Prozentpunkte hinter dem Bundesergebnis lag, sei zu erwarten gewesen: „Wir sind hier in einem ländlichen Kreis.“ Meurer selbst kam auf rund 10,7 Prozent. „Wir hatten einen guten Wahlkampf, vielleicht hat auch mein frisches, junges Gesicht geholfen. Die Themen Klimaschutz und Braunkohle sind im Kreisgebiet mittlerweile deutlich wichtiger.“

Im Hinblick auf CDU und SPD habe man deutlich aufholen können. „Wir müssen uns davon verabschieden, dass es zwei Volksparteien gibt. Wir Grüne sind jetzt auch ein wichtiger Akteur und werden auch so wahrgenommen.“ Grünen-Kreissprecherin Ruth Seidl glaubt, dass die Grünen die Lücke in den kommenden Jahren noch weiter schließen können: „Wir haben in den vergangenen Monaten ja gesehen, wie viele neue Mitglieder wir bekommen und dass das vor allem junge Leute sind. Ich glaube, dass es im Kreis Heinsberg einen Generationenwechsel gibt. Wir haben der CDU viele Stimmen weggenommen.“

Knapp hinter die Grünen fiel die FDP, die im Kreis nur noch viertstärkste Kraft ist, ihr Ergebnis von vor vier Jahren aber nahezu kopierte. Alexander Dorner (26), der jüngste Kandidat in Heinsberg, konnte mit seinen 7,4 Prozent gut leben. „Ich habe natürlich schon gehofft, dass es ein, zwei Punkte mehr werden. Aber mich freut es, dass mir trotz meines jungen Alters so viele Personen das Vertrauen ausgesprochen haben. Ich brauche mich nicht zu verstecken. Mit dem Bundesergebnis sei Dorner mehr als zufrieden: „Wir sind wieder zweistellig und haben damit Historisches geschafft. Und das trotz der zwischenzeitlich sehr schlechten Umfragewerte. Wir haben uns gut erholt und die Leute mit unserem Wahlprogramm abgeholt.“

Leichte Verluste musste die AfD einstecken, deren Vertreter auf der Feier im Kreishaus fehlten. War Kandidat Hermann Navel 2017 mit 8,3 Prozent noch die Nummer drei in Heinsberg, fiel er nun auf Rang fünf zurück.

Enttäuscht sein musste auch die Linke, die gerade mal 2,5 Prozent holte. Kandidat Rüdiger Birmann landete gar noch hinter Mark Benecke von der Satire-Partei „Die Partei“.

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