Heinsberger Linken-Kandidat Rüdiger Birmann „Wir haben weitaus dringendere Probleme“

Wegberg · Rüdiger Birmann will für die Partie Die Linke in den Bundestag. Der Wegberger will Armut bekämpfen und Reiche stärker zur Kasse bitten.

 Rüdiger Birmann (50) ist nach der Bundestagswahl 2017 zu den Linken gewechselt.

Rüdiger Birmann (50) ist nach der Bundestagswahl 2017 zu den Linken gewechselt.

Foto: Die Linke

Hört man Rüdiger Birmann über seine Ziele mit den Linken reden, sind gewisse Parallelen zur SPD und den Grünen nicht zu leugnen. Mehr sozialer Wohnungsbau, mehr Umweltschutz und ein früherer Kohleausstieg, mehr ÖPNV, höhere Abgaben für Spitzenverdiener – das sind Punkte, die sich in ähnlicher Form auch in den Wahlprogrammen dieser beiden Parteien wiederfinden. Birmann streitet das nicht ab und ist durchaus ein Freund von Rot-Rot-Grün für die neue Bundesregierung: „Grüne, SPD und Linke liegen eng beieinander, das stimmt“, sagt er. „Darum bin ich persönlich auch so erschrocken, dass wir und unsere Position zur Nato jetzt zum Ausschlusskriterium werden sollen.“

Die Linke ist gegen eine deutsche Nato-Mitgliedschaft – und wird für diese radikale Haltung von vielen für unwählbar gehalten. Auch Birmann ist gegen den Nordatlantikpakt: „Unter Bündnispartnern sollte man eine Linie haben. Wenn ich sehe, wie die USA in Afghanistan vorgeprescht sind, dann hatte das mit Partnerschaft nichts zu tun. Und dass ein autoritäres Regime wie die Türkei immer noch Nato-Mitglied ist, ist für mich nicht zu glauben.“ Birmann fordert „eine europäische Streitmacht, die zur Verteidigung da ist, nicht zum Angriff.“

Dass die Nato-Frage zum Koalitions-Killer werden könnte, versteht der 50-jährige Vertriebsleiter aber nicht: „Ich denke, wir haben in unserem Land derzeit weitaus dringendere Probleme.“ Zuallererst ist das für Birmann die steigende Armut: „Die untersten 15 Prozent der Gesellschaft sind die Verlierer der Pandemie. Diejenigen, die in Altersarmut oder prekären Verhältnissen leben. Schüler, die sich keine digitalen Endgeräte leisten können.“ Stattdessen will er eine Vermögensabgabe für Reiche. Birmann ist für mehr, aber sozialverträglichen Klimaschutz und kritisiert CO2-Steuern: „Gerade die Menschen, die in einem ländlichen Kreis wie Heinsberg auf ihr Auto angewiesen sind, sind die Leidtragenden.“

Für Birmann, der 2005 aus Mittelfranken ins Rheinland kam und in Wegberg landete, ist es die erste Bundestagswahl als Linker – 2017 trat er aus der SPD aus. „Das war für mich nach 20 Jahren kein einfacher Schritt. Aber als die Entscheidung zur nächsten Groko getroffen war, habe ich mich um meine Ziele beraubt gefühlt. Es ist bei einem ,Weiter so!‘ geblieben, das konnte ich nicht mehr mitmachen.“ Er glaubt, dass die Linke deutlich über den 5,6 Prozent landen, die sie 2017 im Kreis holten: „Ich bin da sehr zuversichtlich, weil jeder während der Pandemie gesehen hat, dass sich die Armutssituation verschärft hat.“

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