Kreis Heinsberg Beruf in Teilzeit-Modell erlernen

Kreis Heinsberg · Ausbildung in Teilzeit - dieses Angebot stößt bei Lernwilligen auf großen Bedarf, ist aber in Unternehmen noch mit vielen Vorbehalten behaftet. Region Aachen und WFG wollen diesen Weg in den Beruf bekannter machen.

Ausbildung und Kind - das ist für junge Frauen nicht einfach. Für das Teilzeit-Modell gibt es im Kreis Heinsberg schon eine Warteliste.

Foto: DPA (ARCHIV)

Schon seit 2005 ermöglicht das Berufsbildungsgesetz die Ausbildung in Teilzeit, eine Chance, von der vor allem junge und alleinerziehende Mütter profitieren. Doch in der Praxis wurde der Weg im Kreis Heinsberg selten beschritten. Das soll sich ändern. Im Heinsberger Kreishaus stellte Sozialdezernentin Liesel Machat das vom Land geförderte Modell vor, für das der Kreis jetzt im Trainings- und Bildungszentrum Meuser Erkelenz einen kompetenten Träger gewonnen hat. An Unsicherheiten auf Seiten der Arbeitgeber, so wurde in dem Pressegespräch gestern deutlich, wird noch zu arbeiten sein.

"Die Teilzeitausbildung mit intensiver Begleitung und sozialpädagogischer Unterstützung ist vor allem wichtig für junge Mütter", unterstrich Liesel Machat. Sie nannte Zahlen: Stand April 2016 gab es im Kreisgebiet 865 arbeitslose Alleinerziehende, davon beziehen 787 Leistungen nach dem SGB II und 78 nach dem SBG III. Von 719 Frauen haben 562 keine Berufsausbildung, 119 keinen Hauptschulabschluss. 410 wünschen sich einen Vollzeitjob. Gerade mit Blick auf die niedrige Frauenerwerbstätigkeit im Kreis Heinsberg sei es wichtig, "individuelle Angebote zu unterbreiten, die die persönliche Situation berücksichtigen, in dem Bestreben, berufliche Perspektiven zu verbessern".

Im Kreis Heinsberg gibt es bei zehn Plätzen aktuell acht Teilnehmerinnen zwischen 25 und 36 Jahren aus dem Erkelenzer Umland bis in den Selfkant, berichtete Manuela Meuser. Erstmals ging ihr zertifiziertes Bildungsunternehmen zum 1. Januar als Träger für den Kreis Heinsberg an den Start. Es sei noch viel Aufklärungsarbeit bei Arbeitgebern vonnöten, unterstrich Meuser. "Das Thema Teilzeitausbildung ist bei vielen Unternehmen noch nicht angekommen", sagte sie. Dabei seien die Frauen gut betreut, es scheitere an den Arbeitgebern. Was, wenn das Kind krank wird? "Es wird nicht gesehen, dass die Frauen gut vernetzt sind und Tagesmütter haben", schilderte Meuser ihre Erfahrung. Die Annahme "Teilzeit gleich Hälfte der Zeit" sei falsch, stellte sie klar. In der Praxis wird die Ausbildung, beispielsweise in Heilerziehungs- oder Altenpflege, in der regulären Zeit absolviert, aber mit nur rund 30 Stunden pro Woche bei voller Berufsschule, wobei die Bezahlung angepasst wird. Vorurteilen trat auch Manfred Bausch, stellvertretender Geschäftsführer des Zweckverbands Region Aachen, entgegen: "Am Ende steht ein gleichwertiger Abschluss, keine B-Lizenz. Es handelt sich um hochmotivierte Frauen - Premium-Auszubildende mit Service-Paket." Uli Schirowski, Leiter der Kreis-Wirtschaftsförderungsgesellschaft, will ebenfalls mehr Überzeugungsarbeit leisten, auch im Sinne der "Finden und binden"-Fachkräfte-Strategie. Die gut vorbereiteten und begleiteten Frauen, die sich selbst organisieren können, seien nachher auch Premium-Mitarbeiter, sagte er. "Das Landes-Arbeitsministerium will die Teilzeitausbildung bekannter machen", erklärte Christina Kappes von der Region Aachen. Die Regionalagentur versteht sich als Schnittstelle und informiert über Programme wie die Förderung "Teilzeitberufsausbildung - Einstieg begleiten, Perspektiven öffnen", kurz TEP. Eine neue Gruppe startet in Erkelenz im Januar 2017.

(RP)