Wassenberg Bau und Fall der Mauer

Wassenberg · Der Historiker Thomas Flemming sprach in der Betty-Reis Gesamtschule zum Thema: Die Berliner Mauer.Was als Vortrag angekündigt war, wurde zur lebendigen Schilderung der Geschichte. Und stieß auf großes Interesse.

In der Betty-Reis-Gesamtschule haben Vortragsreihen zur jüngsten deutschen Geschichte Tradition. Zum 20-Jährigen des Mauerfalls organisierte die Schule gestern mit ihrem Partner, der Heinsberger Buchhandlung Gollenstede, einen Vortrag des Historikers Thomas Flemming. Thema: Die Berliner Mauer.

Tausende lagen sich in den Armen

Die ergreifenden Bilder des 9. Novembers 1989 werden vielen noch lebhaft in Erinnerung sein. Als sich die Grenze öffnete, lagen sich tausende Berliner aus Ost und West in den Armen. Schülern muss dieser Wendepunkt deutsch-deutscher Geschichte erst vermittelt werden. Flemming ging diese Aufgabe mit vielen dokumentarischen Belegen wie Zeichnungen und jeder Menge Fotos der Grenzanlagen an. Was als Lesung angekündigt war, wurde so zu einem freien Vortrag.

Themenschwerpunkte waren die Gründe für die Errichtung der Mauer am 13. August 1961, der Grenzverlauf, die ständige Perfektionierung der Grenzanlagen und das Leben im Schatten der Mauer für Ostler und Westler. Ganz besonders lebendig wurde sein Vortrag stets, wenn Flemming vom Mauerfall selbst berichtete, denn er erlebte ihn vor Ort mit. "Die Mauer zerriss Familien, Freundschaften und Liebesbeziehungen", betonte der Historiker. Über zwei Millionen Menschen seien zwischen 1949 und 1961 von Ost nach West geflohen. "Der Mauerbau ist zwar für viele überraschend, aber nicht aus heiterem Himmel gekommen", sagte Flemming. Was als Stacheldraht begann, wurde schließlich zu einem ausgeklügelten System verschiedener Mauern, Fußfallen und einer hell beleuchteten "Todeszone", auf die das Augenmerk meist junger Soldaten gerichtet war. Deren Befehl habe gelautet, Grenzübertretungen mit allen Mitteln, auch mit der Waffe, zu verhindern, betonte Flemming. Bei den gut vorbereiteten Zuhörern zeigten seine Ausführungen Wirkung.

In einer Diskussionsrunde brach schnell das Eis. Vor allem die Situation der Menschen interessierte die Schüler. Wie war das Leben mit der Stasi? Was passierte Flüchtenden, wenn sie erwischt wurden? Was erwartete westliche Fluchthelfer? Die Schüler entlockten Flemming immer weitergehende Informationen. Etwa, dass es auch 200 000 bis 300 000 Menschen gab, die in den Osten übersiedelten. Oder dass manche Westler einfach so und zum "äußerst gefährlichen Spaß", wie der Historiker betonte, über die Mauer kletterten.

Die Vermittlung des historischen Ereignisses war gelungen. Auch nach der Diskussionsrunde blieben viele Arme erhoben, auch wenn deren Fragen nicht alle mehr beantwortet werden konnten.

(RP)
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