Hückelhoven "Ab-Raum-Art" auf der Halde

Hückelhoven · Die Canthe-Künstler luden zu einer ungewöhnlichen Ausstellung ein. Ein Jahr hatten die Vorbereitungen für die Kunstaktion auf der "Schlafenden Schönen", wie die Millicher Halde im Volksmund heißt, gedauert.

Sechs hölzerne Stelen, in ihrer Mitte auf einem Quadratmeter 211 Namen der Kumpel, die in der Zeit von 1936 bis 1972, als die Halde aufgeschüttet wurde, unter Tage zu Tode kamen. Sie waren Schlepper, Hauer, Lokfahrer, Reviersteiger. Karl-Heinz Laufs, Mitglied der Hückelhovener Künstlergruppe Canthe, war am Wochenende einer von insgesamt 19 Künstlern, die ihre Objekte präsentierten.

Schicksale der toten Kumpel

"Ab-Raum-Art" haben die Canthe-Künstler ihre ungewöhnlichen Ausstellungsstücke überschrieben. Ein Jahr haben die Vorbereitungen für die Kunstaktion auf der "Schlafenden Schönen", wie die Millicher Halde im Volksmund heißt, gedauert. Laufs, der an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert hat, setzte sich für seine Installation mit dem Titel "Bei der Arbeit 1936 bis 1972" intensiv mit den Schicksalen der 211 tödlich verunglückten Bergleute auseinander. Und bat dabei Franz-Josef Sonnen, den Vorsitzenden des Fördervereins Schacht III, um Hilfe. Im alten Maschinenhaus durfte Karl-Heinz Laufs Einblick nehmen in das große Buch, in das Sonnen und seine Rentnerbrigade alle Namen der toten Sophia-Jacoba-Mitarbeiter geschrieben haben.

Der Hovener empfand seine Recherche zum Teil als sehr belastend. "Man denkt sich in die Menschen rein", sagte Laufs. Als überaus positiv empfand er die Reaktionen der Haldenbesucher. Viele fanden seine Idee gut, erkannten die Namen der eigenen Verwandten, wollten, dass die Installation dauerhaft auf der "Schlafenden Schönen" zu sehen ist. Davon sei auch Bürgermeister Bernd Jansen als Schirmherr der Ausstellung nicht abgeneigt, berichtete Canthe-Vorsitzender Dr. Hans Latour.

Auch Gert Jäger hatte den Gedanken, an die Schicksale der toten Kumpel zu erinnern. Der gebürtige Ratheimer, der inzwischen in Heinsberg-Horst lebt, hatte 211 schwarze Luftballons an der Erde festgebunden, die sich sanft im Wind wiegten. Den Ballons zuzuschauen, hätten viele als beruhigend empfunden, sagte Jäger. Wenn bei den hochsommerlichen Temperaturen einer platze, sei dies Symbol für einen zerplatzten Lebenstraum.

Vor 20 Jahren hatte Lo van der Linden seinen umstrittenen "Barbaraturm" für den Kreisverkehr an der Jülicher Straße angefertigt, der damals zu Protestaktionen führte. Von Anfeindungen war gestern nichts mehr zu spüren, obwohl der Niederländer ein Modell seines Kunstwerks auf die Halde mitgebracht hatte.

Nicht nur fürs Auge wurde auf der Halde einiges geboten. Die Gong-Aufführung mit Professor Peter Maul fiel zwar wegen seines Krankenhausaufenthalts aus, dafür sorgte die Bigband aus Nütheim-Schleckheim für Stimmung.

(RP)
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