Krefeld Zu alt - 72-Jährige von Schöffenliste gestrichen

Krefeld · Marita Inger darf nicht mehr als ehrenamtliche Schöffin arbeiten, weil sie älter als 70 ist. Die Krefelderin sieht darin eine Altersdiskriminierung.

 Marita Inger vor dem Krefelder Amtsgericht – dort würde die 72-Jährige am liebsten auch weiter ehrenamtlich arbeiten.

Marita Inger vor dem Krefelder Amtsgericht – dort würde die 72-Jährige am liebsten auch weiter ehrenamtlich arbeiten.

Foto: Thomas Lammertz

Die Krefelder Stadtverwaltung sucht derzeit händeringend ehrenamtliche Schöffen. Marita Inger (72) aus Hüls, aktive Jugendschöffin, würde dieses Amt gerne weiter ausführen; doch die gesetzlichen Bestimmungen für das Schöffenamt sehen Kandidaturen von über 70-Jährigen nicht vor.

Inger schrieb jetzt einen Brief an mehrere Institutionen. CDU-Fraktionschef Wilfrid Fabel nahm sich des Falles an — und sendete Ingers Anliegen an die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, und den Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder. "Ich stehe auf der Seite der Bürgerin und werde mit ihr dafür kämpfen, dass die gesetzlichen Bestimmungen so geändert werden, dass die Altersgrenze bei der Schöffenwahl, die altertümlichem Gedankengut entspringt, aufgehoben wird", sagt Wilfrid Fabel. Auch unsere Zeitung fragte beim Justizministerium an — eine Antwort steht noch aus.

Die Amtszeit der neuen Krefelder Schöffen beginnt am 1. Januar 2014 und dauert bis zum 31. Dezember 2018. "Ich würde gerne wieder kandidieren", sagte Inger unserer Zeitung. Sie beklagt eine "Ungleichbehandlung und Altersdiskriminierung": "Die Gesetze sind offenbar antiquiert, das muss geändert werden." Einen Widerspruch sieht sie auch in der Formulierung des Merkblatts, das die Stadt für die Suche nach Schöffen verfasst hat — denn unter Punkt 4 heißt es dort: "Die Vorschlagsliste soll alle Gruppen der Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung angemessen berücksichtigen." Gleichzeitig werde sie als Über-70-Jährige nicht mehr zur Wahl zugelassen, klagt die Krefelderin.

Marita Inger sagt: "Zu einer erneuten Wahl zur Schöffin wäre ich gemäß des Demografieberichtes der IHK mit meinen dann 73 Jahren in der zweitgrößten Spitzengruppe und genau so alt wie Konrad Adenauer, als dieser sein damaliges Amt zum Bundeskanzler antrat." CDU-Fraktionschef Fabel will angeregt durch den Krefelder Fall nun darauf hinwirken, "dass der Tatbestand der Altersdiskriminierung im Gerichtsverfassungsgesetz bezogen auf die Schöffenwahl ausgeräumt wird".

Marita Inger hofft, dass ihr Fall Sensibilität dafür weckt, wo ältere Menschen heute als "zu alt" abgestempelt werden. Dass eine Gesetzesänderung für sie noch etwas bewirkt, will sie indes nicht hoffen. "Ich glaube nicht, dass ein Bundesjustizministerium so schnell reagieren kann, dass eine Kandidatur zur nächsten Wahl noch möglich ist. Aber ich will ein Signal setzen."

(RP)
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