2raumwohnung "Wir sind vieles — nur nicht stromlinienförmig"

Krefeld · Am 7. März spielt Inga Humpe mit "2raumwohnung" in der Kufa. Ein Interview über Rheinland und Ruhrgebiet, Rap und die RAF.

 2raumwohnung im Bad: Inga Humpe und Tommi Eckart geben nächste Woche Freitag ein Konzert in der Kulturfabrik. Humpe ist im Ruhrgebiet aufgewachsen. Das Gastspiel weckt Kindheitserinnerungen: "Ich mag, wie die Leute zwischen Rhein und Ruhr reden", sagt die Musikerin.

2raumwohnung im Bad: Inga Humpe und Tommi Eckart geben nächste Woche Freitag ein Konzert in der Kulturfabrik. Humpe ist im Ruhrgebiet aufgewachsen. Das Gastspiel weckt Kindheitserinnerungen: "Ich mag, wie die Leute zwischen Rhein und Ruhr reden", sagt die Musikerin.

Foto: Das Kowalski Komitee

Mit "Achtung Fertig" machen Sie am 7. März in der Krefelder Kufa Station. Frau Humpe, sind Sie und Ihr Bandkollege und Lebensgefährte Tommi Eckart dann auch fertig für die Bühne? Oder müssen wir Sorge haben, dass ein zerstrittenes altes Ehepaar auf die Bühne kommt — "Erna und Willi an der Wursttheke", in Ihren eigenen Worten?

Humpe Nee, Erna und Willi sind gar nicht mehr am Start. Unsere neuen mürrischen Alter Egos sind die Hausmeister Krause und Huber. Zu hören und zu sehen gibt's aber nur "2raumwohnung" — versprochen!

Sie sind in Herdecke an der Ruhr aufgewachsen und in Aachen zur Uni gegangen, bevor es Sie nach Berlin zog. Mit welchem Gefühl kehren Sie zurück?

Humpe Bei mir kommen Kindheitserinnerungen hoch, an meine erste Portion Pommes zum Beispiel. Und ich mag, wie die Leute zwischen Rhein und Ruhr reden. Aber vieles ist ja auch im Umbruch hier, seit ich weg bin. Kulturell passiert unheimlich viel in Städten wie Duisburg, Bochum, Wuppertal...

...und Krefeld?

Humpe Gute Frage. Das kann ich so aus der Ferne schwer beurteilen. Aber ich werde es ja sehen, wenn ich mir die Stadt angucke und ein bisschen dort herumturne.

Sie haben Ihr neues, sehr elektro-lastiges Album in Berlin und Kalifornien aufgenommen. Wie hätte es geklungen, wenn Sie es hier gemacht hätten?

Humpe Das ist unmöglich zu sagen. Das ist ja gerade das Schöne an Musik, dass sie mit Worten nicht zu beschreiben ist. Und neben dem Ort kommt es natürlich immer auch auf die Menschen an. In Kalifornien haben wir mit 30 Musikern zusammengearbeitet. Und teils auch zusammengelebt, wie in einer Kommune.

Klar, Sie sind ja auch ein Hippie, ein Gutmensch und eine Berufsjugendliche. Wie sehr trifft Sie solche Kritik?

Humpe Ach, da schreibt meist einer den Quatsch vom anderen ab. Das interessiert mich nicht. Anders ist es, wenn Menschen enttäuscht sind, etwa weil sie Tiefergehendes erwartet hatten und ihnen eines unserer Alben zu poppig war. Aber solche Kritik inspiriert auch. Manchmal waren wir selbst gelangweilt von uns und unserer Musik mit immer denselben Bässen.

Sie selbst unterscheiden sich von anderen Frontfrauen durch Ihr Alter. Nicht, dass man Ihnen Ihre 58 Jahre ansehen würde — aber sind manche Fans nicht sehr überrascht, dass Sie altersmäßig nicht zwischen Christina Stürmer und Judith Holofernes liegen?

Humpe Solche Momente der Irritation gibt es sicherlich — aber bislang hat sich noch keiner getraut, mir das zu sagen...

...außer mir.

Humpe Exakt (lacht).

Als Studentin suchten Sie Kontakt zur RAF, 2002 haben Sie als Ziel ausgegeben Musik für Leute zu machen, die "nicht RTL-geprägt" sind. 2010 haben Sie dann einen Kulturpreis des Berliner Boulevardblatts "B.Z." entgegengenommen und sind in der RTL-Seifenoper "GZSZ" aufgetreten. Ist das noch Altersgelassenheit oder schon Ausverkauf und Aufgabe von Idealen?

HUMPE Ach, das ist eine sehr enge, typisch deutsche Sichtweise. Man gibt doch laufend Dinge auf und gewinnt andere hinzu. Trotzdem sind wir als Band nicht auf RTL-Niveau. Den Auftritt bei "GZSZ" sehe ich auch sicherlich nicht als Karriere-Höhepunkt...

...aber?

Humpe Aber es gibt ja inzwischen fast keine Musiksendungen mehr im Fernsehen. Also haben wir irgendwann beschlossen: "Überall wo wir auftreten können, tun wir das auch!" Es gibt eben Widersprüche, und die muss man aushalten. Und ich pfeife auf Image-Fragen. Wir sind sicher sprunghaft und widersprüchlich — aber auf jeden Fall nicht stromlinienförmig.

Welche deutschen Künstler mögen Sie persönlich?

Humpe Die Elektro- und Funkband "International Pony" aus Hamburg zum Beispiel. Oder "The Notwist", Indie-Punk aus Bayern.

Was ist mit dem "neuen" Hip-Hop? Mögen Sie Marteria, Casper, Cro?

Humpe Finde ich alle toll, wirklich. Besonders Marteria. Und Käpt'n Peng.

2005 haben Sie eine EinsLive-Krone für Ihr Lebenswerk bekommen, gemeinsam mit Ihrer Schwester Annette ("Ich + Ich"). Kann man die ein zweites Mal gewinnen?

Humpe Nein, das verbieten die Statuten (lacht). Aber ich habe noch genügend Ziele. Vor allem möchte ich reisen mit der Musik, im übertragenen wie im eigentlichen Sinne: in Japan spielen, in Nepal, in Australien. Auf jedem Kontinent mindestens einmal gespielt haben, das wäre was.

DIE FRAGEN STELLTE TOBIAS JOCHHEIM

Konzert Freitag, 7. März, Einlass 19 Uhr. Kulturfabrik, Dießemer Straße 13. AK 30 Euro.

(tojo)
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