Herbert Weghs im Interview ,,Wir haben Glück, dass wir sie haben"

Krefeld · Der Naturschützer und Greifvogelexperte betrachtet die Entwicklung der Wanderfalkenpopulation in Hüls als Erfolg. An einen finanziellen Schaden der Taubenzüchter glaubt er nicht. Falken suchen sich alte und kranke Tiere als Opfer aus.

 Der Hülser Naturschützer Herbert Weghs kümmert sich um verletzte Greifvögel und freut sich über die Wanderfalkenpopulation in seinem Wohnort.

Der Hülser Naturschützer Herbert Weghs kümmert sich um verletzte Greifvögel und freut sich über die Wanderfalkenpopulation in seinem Wohnort.

Foto: Thomas Lammertz

Im Frühling dieses Jahres hat ein Wanderfalkenpaar zum zweiten Mal im Hülser Kirchturm gebrütet. Nachdem die Rheinische Post vor einigen Wochen bereits über die Sorgen der Taubenzüchter hinsichtlich der Wanderfalken berichtet hatte, äußert sich nun der Naturschützer und Greifvogelexperte Herbert Weghs zu den Geschehnissen.

Warum waren die Wanderfalken vom Aussterben bedroht und was hat zu der Erholung des Wanderfalkenbestandes geführt?

Weghs In den 1970er Jahren war DDT, ein von der Industrie verwendetes Schädlingsbekämpfungsmittel, die Ursache für das massenhafte Aussterben der Wanderfalken in NRW. Das Mittel führte damals dazu, dass die Schalen der Falkeneier sehr dünn wurden, weswegen sie während der Brütezeit oftmals zerbrochen sind. 1986, als der Wanderfalkenbestand in NRW gleich Null war, haben Naturschützer sich dem Problem angenommen und in Köln Wanderfalken im Rahmen eines Hilfsprogrammes ausgewildert. Seitdem hat sich der Vogel wieder in NRW eingefunden. Mittlerweile leben hier ungefähr 150 Brutpaare.

Wieso werden Wanderfalken in der Stadt heimisch, obwohl sie normalerweise Felsbrüter in der freien Natur sind?

Weghs Früher war die Natur schön bunt, heute ist sie nur noch schön grün. Von vermeintlichen Naturliebhabern und Kletterern aus den Gebirgen und von intensiver Landwirtschaft aus den Wäldern vertrieben, hat sich das Leben in der Stadt für die Wanderfalken als das sicherste erwiesen. Sie bevorzugen, wie in Hüls, hohe Industriebauten oder Kirchtürme, auf die sie freien Anflug haben und somit ihrer natürlichen Umgebung ähneln.

Taubenzüchter behaupten, dass die Wanderfalken bewusst in Hüls angesiedelt worden seien und beklagen sich über viele tote Tauben. Was sagen Sie zu dieser Vermutung?

weghs Wir sind Naturschützer im Sinne der Erhaltung des Artenschutzes und müssen uns ständig dafür rechtfertigen. Das nervt. Ich finde nicht, dass man in diesem Zusammenhang von einem Schaden sprechen kann, sondern von einem Tribut an die Natur. Kein Mensch der Welt hat Einfluss darauf, wo ein Wanderfalke sich niederlässt oder was er frisst. Den einzigen Beitrag, den Naturschützer wie ich zu dieser Entwicklung geleistet haben, war die Anbringung eines Brutkastens vor 25 Jahren am Hülser Kirchturm. Indem wir ihnen so Nisthilfe gegeben haben, sind wir lediglich unserem staatlichen Auftrag als Naturschützer nachgekommen.

Wie beurteilen Sie den finanziellen Schaden, den einige Taubenzüchter laut eigener Aussage durch den Verlust ihrer besten Tauben erlitten haben?

weghs Mit Verlaub, das halte ich für Schwachsinn. Die besten Tauben können den Wanderfalken austricksen. Wanderfalken schlagen nur die schwächsten Vögel, die für sie am leichtesten zu jagen sind. Ich finde es schade, dass solche Unterstellungen nie im Gespräch mit uns geäußert werden, sondern immer nur hinterrücks. Wenn Taubenzüchter das Gespräch mit uns suchen, haben wir Ansprechpartner für sie. Im Endeffekt steht in letzter Konsequenz der Erhalt der Artenvielfalt einem Hobby entgegen.

(RP)
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