Krefeld Wie die Orthodoxen Ostern feiern

Krefeld · Für den orthodoxen Pater Zerdalis hat das 21. Jahrhundert etwas Besonderes: Bis 2099 fallen die Oster-Termine der christlichen Kirchen 31-mal zusammen. Danach dauert es 800 Jahre bis zum nächsten gemeinsamen Osterfest.

 2000 Gläubige umfasst die orthodoxe Gemeinde Krefelds. Sie beging gestern ihren Karfreitagsgottesdienst mit einer Prozession. Das Foto zeigt den Moment vor Beginn der Prozession, in der die Grablegung Christi symbolisch nachvollzogen wird. In der Mitte ein "Epitáfios" als symbolisches Grabmal für den Leichnam Jesu. Links davon Pater Zerdalis, im Hintergrund die Ikonostase, die Wand, die den Altarraum vom Kirchenraum abtrennt. Heute Nacht feiern die Orthodoxen Ostern.

2000 Gläubige umfasst die orthodoxe Gemeinde Krefelds. Sie beging gestern ihren Karfreitagsgottesdienst mit einer Prozession. Das Foto zeigt den Moment vor Beginn der Prozession, in der die Grablegung Christi symbolisch nachvollzogen wird. In der Mitte ein "Epitáfios" als symbolisches Grabmal für den Leichnam Jesu. Links davon Pater Zerdalis, im Hintergrund die Ikonostase, die Wand, die den Altarraum vom Kirchenraum abtrennt. Heute Nacht feiern die Orthodoxen Ostern.

Foto: T.L.

An Selbstbewusstsein mangelt es der orthodoxen Gemeinde nicht. Auf die Frage, ob die katholische Kirche die orthodoxe anerkenne, antwortet Pater Irodion Zerdalis, Erzpriester der griechisch-orthodoxen Gemeinde der Kirche am Sachsenweg, lächelnd: "Wir erkennen sie an." Die Orthodoxen, die sich als Wahrer der ältesten christlichen Traditionen sehen, feiern heute die Auferstehung Jesu — die ganze Woche stand bereits im Zeichen vieler Gottesdienste als Vorbereitung auf die Osternacht.

Die Orthodoxen erkennen das Papstamt nicht an. Ihrem Selbstverständnis nach wahren sie die Kirche, wie sie von den Aposteln vorgeprägt wurde. Dabei ist Pater Zerdalis (73, verheiratet, Vater von zwei Kindern) alles andere als ein Eiferer. Für ihn ist das 21. Jahrhundert eine besondere Epoche: In diesen 100 Jahren fallen die Ostertermine von orthodoxer Kirche und westlichen Kirchen häufig, nämlich 31-mal zusammen. "Danach müssen wir 800 Jahre darauf warten, bis es wieder soweit ist", sagt er.

Ein Unterschied zwischen orthodoxer sowie katholischer und evangelischer Kirche springt beim ersten Schritt in das Gotteshaus am Sachsenweg ins Auge: Der Altarraum wird von einer prachtvoll mit Schnitzwerk und Ikonen gearbeiteten Wand (der Ikonostase) getrennt vom Kirchenraum, in dem die Gläubigen sich sammeln. Das Allerheiligste darf nur von Priestern und Messdienern betreten werden — darin wahrt die orthodoxe Kirche nach eigenem Verständnis die jüdische Tempeltradition, die auch für die Apostel noch prägend gewesen sei.

"Die orthodoxe Kirche ist eine doxologische, eine lobpreisende Kirche", sagt Joannis Chryssos, der als Ikonenmaler wesentlich die "Kirche des Heiligen Geistes" in Stahldorf, die ehemalige katholische Matthäus-Kirche, nach orthodoxen Vorstellungen mitgestaltet hat. Schon die ganze Woche hat es Gottesdienste gegeben, die sich meist über zwei, drei Stunden hinziehen, wobei die Gläubigen nicht die ganze Zeit über bleiben, sondern in das Geschehen eintreten und wieder austreten. Die Liturgie ist geprägt von den achttönigen byzantinischen Gesängen, in denen biblische Texte wie Psalmen rezitiert werden. Es gibt kein Liedgut wie in katholischer und evangelischer Kirche; die Gläubigen singen bestenfalls leise die Gesänge der Priester mit: "Liedgut und Orgelmusik der westlichen Kirchen sind für uns zu nahe am normalen Leben", sagt Pater Zerdalis. Lobpreis Gottes muss eben ganz eigen klingen.

Der orthodoxe Karfreitag gestern war geprägt von der symbolischen Grablegung des Gekreuzigten: Im Kirchenraum stand ein geschmückter symbolischer Sarg (der Epitáfios). Im Karfreitagsgottesdienst wurden symbolisch Kreuzabnahme und Grablegung Christi dargestellt: Ein Abbild des Gekreuzigten wurde vom Epitáfios in den Altarraum getragen und dort in eine Nische gelegt. Als Symbol für die Grablegung wurde auf den Epitáfios ein goldbesticktes Tuch gelegt. Der Karfreitagsgottesdienst ist eine Andacht ohne Abendmahl, das für die Gegenwart Christ steht und bei den Orthodoxen in beiderlei Gestalt gereicht wird: Die Gläubigen erhalten auf einem Löffel ein Stück Brot und einen Schluck Wein. Karfreitag aber ist der Tag, an dem Christus abwesend ist — hinabgestiegen in das Reich des Todes.

Heute beginnt der Tag mit einem Gottesdienst von 8.30 bis 11 Uhr, am Abend ist Osternachtgottesdienst von 23 Uhr bis zwei Uhr morgens. Vor Mitternacht gibt es eine Prozession mit Kerzen, bevor dann um Mitternacht der Gesang "Christus ist auferstanden" (in griechisch "Christó Anésti") ertönt. Dieser Ruf bleibt prägend bis Pfingsten und wird immer wieder zelebriert — auch morgen, Sonntag, beim Agape-Gottesdienst (ab 17 Uhr), der der Nächstenliebe gewidmet ist. Dann werden rote Eier verteilt — als Symbole des Lebens und des Blutes Christi — und das Evangelium von der Auferstehung in zahlreichen Sprachen gelesen.

(RP)
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