Krefeld Wie aus Krefeld eine Marke wird

Krefeld · Für welche Kompetenzen steht Krefeld? In der Mediothek diskutierten Marketingexperten und Mies-Kuratorin Christiane Lange über die Vermarktungsmöglichkeiten der Seidenstadt.

 Kann man eine Stadt zur Marke machen? Es diskutierten (v.l.): Marketingunternehmer Ralph Reiber, RP-Redaktionsleiter Jens Voss, Werbefachmann Ulrich Tillmanns, Christiane Lange von der Mies-van-der-Rohe-Initiative, Stadtmarketingleiter Uli Cloos und Nicolas Beucker, Professor für "social and public design" an der Hochschule Niederrhein.

Kann man eine Stadt zur Marke machen? Es diskutierten (v.l.): Marketingunternehmer Ralph Reiber, RP-Redaktionsleiter Jens Voss, Werbefachmann Ulrich Tillmanns, Christiane Lange von der Mies-van-der-Rohe-Initiative, Stadtmarketingleiter Uli Cloos und Nicolas Beucker, Professor für "social and public design" an der Hochschule Niederrhein.

Foto: lammertz

Kann man eine Stadt vermarkten – und kann man dafür werben, dass die Bürger ihre Stadt lieben? Mit solchen Fragen befasste sich eine Podiumsdiskussion des Marketing-Clubs im Atrium der Mediothek – und am Ende schälte sich als Grundkonflikt der Debatte die Frage heraus, ob eine Stadt eine Art Leuchtturmprojekt braucht oder über viele kleine Schritte immer besser wird.

Marketing-Club-Chef Friedrich Berlemann bezeichnete die Mediothek mit ihrer eleganten Architektur als gelungenes Stück Marketing. Ulrich Tillmanns, Marketingexperte der Agentur Ogilvy & Mather, der in Krefeld die Kampagne "Krefeld, schön hier" kreiert hatte, beklagte, dass die Politik in Krefeld zu selten an einem Strang ziehe und sogar bei Projekten streite, die alle befürworteten. Zudem würden Krefelds Stärken nicht genügend wahrgenommen: "Aus der Wirtschaftsförderung höre ich immer, wie gut die Zusammenarbeit mit Investoren klappt. Trotzdem steht Krefeld im städteübergreifenden Wirtschaftsranking schlecht da. An dieser negativen Außenwahrnehmung muss gearbeitet werden."

Nicolas Beucker, Professor für "Public and Social Design" an der Hochschule Niederrhein, warnte vor Versuchen einer einseitigen Festlegung auf ein Image – eine Stadt brauche Orte der Offenheit und innere Vielfalt. Marketing-Unternehmer Ralph Reiber riet, zunächst die Bürger von der Schönheit der eigenen Stadt zu überzeugen. "Wenn ein Krefelder seine Heimat beschreiben soll, nennt er erst mal nur Negatives." So lange er Krefeld beobachte, habe sich da aber nicht viel bewegt, meinte er.

Auf die Frage, warum Krefeld trotz einer Fülle herausragender Bauwerke nicht als Architekturstadt wahrgenommen werde, sagte Christiane Lange, die den Modellbau des Mies-Golfclubs angeschoben hat: "Zum einen hat Krefeld im Krieg viel Substanz verloren und ist danach rasch wieder aufgebaut worden. Und oft befinden sich nun sehr schöne Häuser und Viertel in direkter Nähe zu weniger ansehnlichen Gegenden." Beispiel sei die Nachbarschaft von Bismarckviertel und Bleichpfadhochhaus. Die Stadt solle vermehrt Alleen und attraktive Verbindungsstraßen bauen.

Stadtmarketingleiter Ulrich Cloos bezeichnete sich als "Netzwerker" – er glaubt nicht an den einen großen Wurf, sondern an Veränderungen auf vielen Feldern, um Krefeld etwa als schöne Wohnstadt zu präsentieren. An Leuchtturmprojekte wie den Innenhafenumbau der Stadt Duisburg durch den Star-Architekten Sir Norman Foster glaubt er nicht – es gebe viele Gegenden in Duisburg mit unverändert großen Problemen. "Im Bereich der Innenstadt werden viele kleine Vorhaben realisiert", sie seien das Großprojekt Krefelds. Der Hinweis von Moderator Jens Voß, dass ein Mercedes-Verkäufer ja auch nicht einen Wagen anpreise, indem er die verbesserte Qualität der Schrauben im Lenkrad anpreise, überzeugte Cloos nicht. Unterstützung fand er bei Professor Beucker, der nicht daran glaubt, dass man ein Image für eine Stadt aus dem Boden stampfen kann. Krefeld fahre gut mit der Taktik, viele kleine Projekte zu einem Großen zusammenzufügen.

In diesem Punkt blieben die Meinungen auf dem Podium und im Plenum geteilt: Ein Mann aus dem Publikum sagte, es gehe beim Marketing nicht darum, die 95 Prozent zu überzeugen, die eine Stadt schon schön fänden, sondern um Außenwahrnehumung und die verbleibenden fünf Prozent – und dies gelinge nur mit großen Namen oder Projekten.

(RP)
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